Salzburger Musikgeschichte

Salzburger MusikgeschichteSalzburger Musikgeschichte: Vom Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert / Hrsg. von Jürg Stenzl, Ernst Hintermaier und Gerhard Walterskirchen. – Salzburg u.a.: Anton Pustet, 2005. – 600 S.: zahl. Ill.; Notenbsp.; 2 CDs.
ISBN 3-7025-0511-3 : € 58,00

Schade eigentlich, dass man solange auf eine umfassende und kompakte Darstellung warten musste, denn Salzburg ist eine der Musikstädte der Welt schlechthin und die letzten Publikationen dieser Art sind längst überholt*! Das vorliegende Werk wurde von einem Herausgeberteam redigiert, das sich aus drei ausgewiesenen Salzburgken­nern zusammensetzt. Jürg Stenzl, seit 1996 Professor für Musikwissenschaft an der Universität Salzburg, Ernst Hintermaier, seit 1992 ebenfalls dort tätig und Gerhard Walterskirchen, der bis 2004 dort eine Assistenzprofessur innehatte. Die beiden letzte­ren zeichnen auch für den Artikel „Salzburg“ in der neuen MGG verantwortlich. Ge­mäß dem interdisziplinären Ansatz des Werkes kommen neben Musikwissenschaft­lern auch Volkskundler, Journalisten, Historiker, Theologen, Instrumentenbauer und praktische Musiker zu Wort. Entsprechend weiter gefasst ist der Begriff der Zielgrup­pe, zu der neben Fachleuten auch alle anderen zählen, die sich für Musik interessieren. 26 Beiträge befassen sich mit dem Salzburger Musikleben der Renaissance, höfischem Musikleben, klösterlicher Musikkultur, den Festspielen und natürlich mit der Familie Mozart und Michael Haydn. Sie beleuchten aber auch die Rolle des Orgelbaus für die Stadt, die vielen Facetten der bürgerlichen Musikkultur im 19. Jahrhundert, den Mo­zart-Kult oder die nach wie vor präsente Volksmusikpflege.
Die Beiträge sind in eine grob chronologische Reihenfolge gebracht; der Bogen spannt sich vom frühen 8. Jh. bis in unsere Tage hinein. Der Zusatz „… bis ins 21. Jahr­hundert“ ist allerdings etwas verwegen, denn der einzige Aufsatz, der diesen Anspruch erfüllt, befasst sich mit Salzburgs Jazz- und Rockszene und ist überdies nur sechs Sei­ten lang. Das Buch ist überaus opulent, fast bibliophil ausgestattet, sehr sorgfältig ediert, enthält zahlreiche Notenbeispiele sowie im Text selbst detaillierte Angaben zu den auf den beiden CDs enthaltenen Musikbeispielen. Im ausführlichen Anhang be­finden sich u.a. eine umfangreiche Bibliographie, ein Register und ausführliche In­formationen zu den Hörbeispielen, die (vor allem der 1. CD) von teilweise überwäl­tigender Qualität sind. (Ein Tipp: Die Anbringung der CDs könnte noch verbessert werden, man beschädigt bei der Entnahme entweder den Buchdeckel, die CDs oder die Papierhülle oder alle drei). Inhaltlich vermisst habe ich eine etwas ausführlichere Thematisierung der Vereinnahmung Salzburgs und der Festspiele durch die National­sozialisten, was die im Vorwort erwähnten neuen Erkenntnisse diesbezüglich erhoffen lassen. Der einzige Aufsatz hierzu im Buch ist sehr aufschlussreich, aber nur 12 S. lang. Auch hätte die Geschichte des Mozarteums und seine Rolle für das Salzburger Mu­sikleben einen eigenen Beitrag gerechtfertigt; Adriana Hölszky, die dort seit 2000 eine Kompositionsklasse leitet, wird nicht einmal im Register erwähnt.
Ansonsten handelt es sich hier um eine sehr verdienstvolle Publikation, die einen frischen, unverstellten Blick auf 1200 Jahre Musikgeschichte liefert.

Claudia Niebel
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 27 (2006), S.371f.

*Clemens Schneider: Geschichte der Musik in Salzburg, Verlag Reinhold Kiesel 1935; Salzburg – Stadt der Musik / Hrsg. von Paul Becker, Salzburg: Pallas-Verlag, 1961.

 

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