Stefanescu, Crisula: Sergiu und Ioana Celibidache: Geheimnisse einer großen Liebe. – München [u.a.]: LangenMüller, 2012. – 207 S.: zahlr. Ill. und Fotos (s/w)
ISBN 978-3-7844-3308-0 : € 16,99 (geb.)
Ioana Celibidache (1924-2012), die nur mit ihrem Vornamen signierte, war eine äußerst begabte und produktive Malerin, deren zumeist abstrakte Bilder von ungeheurer Ausdruckskraft sind. Der Kunsthistoriker Ionel Jianou (1905-1993) bezeichnete sie als „Klees schelmische Schwester“ und bescheinigte ihren Bildern, „dass ihre Malerei […] zugleich Farbe, Musik und Tanz, Spontaneität, Jubel und Vitalität“ (zit. nach C. S., S. 61) sei. Ihre Partnerschaft mit Sergiu Celibidache (1912-1996) währte 45 Jahre bis zu dessen Tod 1996, davon 30 Jahre als Ehefrau, Mutter eines Sohnes und Großmutter mehrerer Enkelkinder. Will man mehr über sie erfahren, empfiehlt sich ein Besuch auf dieser Website, denn dort kann man einen Teil ihrer sehr eindrucksvollen Bilder in Farbe betrachten, ihre Biographie nachlesen und Neues über Projekte, Ausstellungen uvm. erfahren.
Das vorliegende Buch ist als Homestory angelegt, die rumänische Journalistin Crisula Stefanescu, die u. a. auch für Radio Free Europa arbeitet, hat dazu die Künstlerin in ihrer Pariser Wohnung während mehrerer Sitzungen unter Zuhilfenahme eines Diktiergerätes befragt. Das sich entwickelnde Frage-Antwort-Spiel liefert die Stichworte für den weiteren Verlauf des Gesprächs, das den Leser allerdings häufig ratlos zurücklässt. Die Informationen über den Dirigenten erschöpfen sich weitgehend im Anekdotischen, die familiären Geheimnisse, wie sie im Untertitel angedeutet werden, beschränken sich auf Ratschläge, wie man eine so lange Partnerschaft erfolgreich gestalten kann, und die gemeinsamen Erinnerungen, in denen die beiden rumänisch stämmigen Protagonistinnen schwelgen, dürften von den wenigsten Lesern geteilt werden können, weil die meisten Intellektuellen, um die es dabei geht, bei uns im Westen (leider) nicht bekannt sind. Das ist äußerst schade und unbefriedigend.
Die fehlende systematische Vorgehensweise müsste sich nicht als Nachteil erweisen, denn das Buch ist ausgerechnet da am stärksten, wo durch geschickte Fragetechnik Persönlichkeit und Temperament der Malerin zum Vorschein kommen. Hier wäre eine stärkere Konzentration auf ihre Person angebracht gewesen; so springt das Buch in Thematik und Chronologie hin und her, und als Leser muss man sich seine Informationen selbst mühsam zusammenstückeln. Die Intention der Autorin ist laut Vorwort ein gescheiteres Biographie-Projekt zum Dirigenten, das Interviewbuch mit der Gattin sieht sie als Äquivalent für das ursprüngliche Vorhaben: „cherchez la femme“ als Motivation ist allerdings unzureichend umgesetzt, denn der Anspruch, eine Künstler-Biographie zu schreiben verträgt sich eher weniger mit der Form eines Erinnerungsbuches. Also ist das Buch am ehesten als Unterhaltungslektüre für Fans geeignet, leider wurde an Darstellung und Layout gespart, denn die Qualität und Größe der schwarz-weiß-Fotos lassen zu wünschen übrig. Schade, hier wurden gleich mehrere Chancen verschenkt.
Claudia Niebel
Stuttgart, 20.06.2012