Daniels, Neil: Robert Plant. Led Zeppelin, Jimmy Page & Die Solo-Jahre. Aus dem Engl. v. Katrin Höfer u. Eckhard Schwettmann. – Höfen: Hannibal, 2010. – 345 S.: Abb.
ISBN 978-3-85445-300-0 : € 17,90 (Pb.)
Auf wen der Schatten eines Genies fällt, der hat es schwer. Manch anständiger Beatmusikant wird noch heute die Fab Four aus Liverpool verfluchen, die jahrelang die Erfolgspur belegten. An dieser Erkenntnis leiden nicht nur erfolgslose Zeitgenossen; auch die Mitglieder einflussreicher Bands haben mitunter schwer an dem von ihnen selbst mitgestalteten Erbe zu tragen. Zu diesen – je nach Blickwinkel – Auserwählten oder Bedauernswerten gehört Robert Plant. Als Sänger der Rockband Led Zeppelin hat er Unsterblichkeit erlangt, das ewige Leben aber war ihm als Solist nach einer Dekade Rockgeschichte wieder verwehrt.
Im Hannibal-Verlag wird sich nun des Sängers erinnert, der sich vor kurzem mit sensationellen fünf Grammys (die er im Februar 2009 für sein mit Alison Krauss aufgenommenes Album Raising Sands erhielt) ins Rampenlicht zurückkatapultierte. So sehr ihm dieser Erfolg zu gönnen ist, es muss doch konstatiert werden, dass die Zeit zwischen der Auflösung von Led Zeppelin und der Raising Sands-Platte für Plant ziemlich wechselhaft und meist außerhalb des Rock-Zirkus’ verlief. Der britische Autor Neil Daniels, der bereits eine Biografie der Heavy-Metal-Veteranen Judas Priest vorgelegt hat, veröffentlichte die englische Originalausgabe von Robert Plants Lebensgeschichte 2008 bei der Independent Music Press. Vorab informiert seien diejenigen Leser, die sich vornehmlich für Plants Mitwirkung bei Led Zeppelin interessieren, dass die wilden 1970er Jahre natürlich nicht ausgespart werden. Daniels aber betrachtet, was legitim und in diesem Fall sinnvoll ist, nicht die Geschichte der Band, sondern untersucht Plants Beitrag zum Werk von Led Zeppelin.
Den Sänger selbst konnte Daniels zwar nicht vor das Diktiergerät bekommen, doch griff der Autor sowohl auf Material aus seinen Judas-Priest-Recherchen zurück als auch auf Gespräche, die er mit Musikern und Produzenten aus Plants Umfeld führte. So gerät beispielsweise die Besprechung der 1984er Soloplatte Shaken ‚n’ Stirred besonders aufschlussreich, weil Daniels den Produzenten Tim Palmer interviewte. Der Text weist bisweilen literarische Schwächen auf, wenn es zu unschönen Wortwiederholungen oder hilflosen Floskeln kommt [dass einem späteren Popstar nachgesagt wird, er sei in der Kindheit „anders als die anderen Jungen“ gewesen, (S. 28), möchte man eigentlich in keiner Rockbiografie mehr lesen]. Auch fehlt es wegen Daniels’ Wunsch, die zusammengetragene Faktenfülle zu präsentieren, oftmals an einem stringenten Textfluss. Trotz dieser Schwächen aber liegt die ansprechende Biografie eines engagierten Autors vor, dem Fakten und deren sinnvolle Einordnung wichtiger sind als Klatsch, Tratsch und die Glorifizierung eines einflussreichen, aber bei weitem nicht unfehlbaren Rocksängers.
Michael Stapper
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 31 (2010)