Walter, Elmar: Blas- und Bläsermusik. Musik zwischen Volksmusik, volkstümlicher Musik, Militärmusik und Kunstmusik. / Hrsg. vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e.V. – Tutzing: Schneider, 2011. – 438 S.: zahlr. Abb. u. Notenbsp.
ISBN 978-3-86296-016-3 : € 55,00 (geb.)
Der Autor dürfte momentan einer der ausgewiesensten Kenner und Experten auf dem Gebiet der Blasmusik in Bayern sein, insbesondere bzgl. der wissenschaftlichen Bearbeitung. Thematisch erfasst seine Dissertation (Mozarteum Salzburg), wie es im Titel anklingt, fast die gesamte Bandbreite an Musik für Bläser. Gerade dies lässt auf eine spannende Gratwanderung zwischen U- und E-Musik hoffen: hier eine durchaus erlaubte Unterscheidung, da kaum eine andere Instrumentengruppe in dieser Stilvielfalt anzutreffen ist. Walters langjährige (nicht nur) praktische Betätigung als Tubist (auch Komponist) in Volksmusik-Ensembles, klassischen Orchestern und im Musikkorps der deutschen Bundeswehr macht ihn geradezu prädestiniert für diese durchaus erfahrungsbasierte und zugleich tiefgründig-problemorientierte, nahezu interdisziplinäre Arbeit.
Die Herangehensweise der Studie schließt kulturgeschichtliche und kulturvergleichende Aspekte aus der Perspektive der vier im Titel genannten Gattungen mit ein. Bei manchem Komponist (etwa G. Donizetti) wird gar mit Vorurteilen aufgeräumt. Trotz des historisch bzw. musikstilistisch weitgreifenden Spektrums – ein verdienstvoller und mutiger, vom Kontext her aber richtiger Schritt – will das Buch keine Enzyklopädie sein, sondern rückt vielmehr neben Überblickskapiteln über die Musikpraxis seit der „Erfindung“ der ersten Flöten und Hörner exemplarisch bestimmte Facetten der Geschichte der Musik für Bläser – im vorwiegend deutschen Sprachraum – durch Begriffsabgrenzungen („echte“ Volksmusik) und schwerpunktmäßig durch Werkanalysen besonders ans Licht.
Aufgrund der enormen Themenspanne bedeutet die Schrift sicherlich eine Bereicherung nicht nur für Kultur- und Musikhistoriker (Militärmusik u.a. in der DDR, Türmer, Musik ausgewanderter Deutscher), sondern auch für viele Bibliotheken und für „Amateure“: Volksmusikanten mit dem Sinn für Hintergrundinformationen, Filmmusikliebhaber (Der Herr der Ringe) oder Bibliophile, die gern zu einem Buch von ästhetischer Machart greifen.
Denn die erfreuliche Zahl an Abbildungen (77) und Fotos (manche mehrfarbig), dabei viele Notenbeispiele und Partiturauszüge (einzeilig bis mehrseitig), 25 Tabellen und Aufstellungen, der Abdruck von heimatbezogenen volkstümlichen Liedtexten der Egerländer (mit Zuweisung zu entsprechenden Funktionalitäten), biographische Exkurse, ein Namensregister, die üblichen Verzeichnisse (auch Tonträger) und letztlich der optisch vorbildlich strukturierte Textkörper (mit Mut zur freien Fläche) samt Hervorhebung längerer Zitate machen den handlichen Band zu einem rundum gelungenen Produkt mit Potential zum Standardwerk, das die Anschaffung und Konsultierung in vieler Hinsicht wert ist und eine eifrige Benutzung wünschen lässt.
Manfred Sailer
Neustrelitz, 24.12.2011