Radio Cologne Sound. Das Studio für Elektronische Musik des WDR [Markus Bandur]

Radio Cologne Sound. Das Studio für Elektronische Musik des WDR / Hrsg. von Harry Vogt und Martina Seeber. – o. O.: wolke, 2024. – 287 S.: Farb- u. s/w-Fotos, Ill.
ISBN 978-3-95593-259-6: € 39,00 (Pb., Texte deutsch/englisch, mit 5 CDs)

Es ist kein Zufall, dass von den zahlreichen europäischen Studio-Gründungen im Bereich der Elektronischen Musik seit 1950 gerade das Studio des WDR in Köln zu einer exemplarischen, wenn nicht sogar als ,mythisch’ zu bezeichnenden Institution im Bereich der Neuen Musik wurde. Das Zusammenspiel von prägenden Komponisten (wie Karlheinz Stockhausen, Gottfried Michael Koenig, Franco Evangelisti, György Ligeti, Peter Eötvös, Henri Pousseur, Iannis Xenakis, Jonathan Harvey und zahlreichen anderen), aufgeschlossenen Intendanten, erfahrenen Technikern (besonders hervorzuheben: Volker Müller) und Studioleitern (wie anfangs Herbert Eimert) in Verbindung mit der Anschaffung der relevanten zukunftsweisenden Technologien und einer entsprechend rezeptiv zugänglichen Hörfunk-Redaktion kann wohl im Fall des WDR-Studios nur als Glücksfall betrachtet werden. Es ist deshalb nur konsequent, dass der WDR in Verbindung mit der Kunststiftung NRW nun endlich eine Dokumentation des Studios von seinen Anfängen bis zu dessen kürzlich gelungener Rettung vor dem Einmotten vorlegt. Und ebenso folgerichtig ist es, dass diese Darstellung sich nicht nur auf schriftliche Dokumente stützt, sondern auch die Werke als Ergebnisse der Arbeit im Studio einbezieht und in das Zentrum der Publikation stellt.

Die Inhalte der fünf beigelegten CDs (die mit dem Vierteljahrespreis sowie dem Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet wurden), korrespondieren denn auch weitgehend mit den Buchkapiteln. Die informativen (und parallel auf englisch abgedruckten) Beiträge der Autoren beleuchten zahlreiche Aspekte der Studiogeschichte, die sich jeweils mithilfe der entsprechenden CD auch auditiv unmittelbar nachvollziehen lassen. Auf eine Geschichte des Studios (Jennifer Iverson) folgt die Darstellung der Verschränkung von Technologie und Ästhetik (Reinhold Friedl). Im Anschluss an die Präsentation der drei prägenden Studioleiter Herbert Eimert, Karlheinz Stockhausen und York Höller durch Michael Struck-Schloen, Hannah Schmidt und Rainer Nonnenmann schildert Björn Gottstein die sozialen Konfigurationen und Interaktionen der Komponisten und Techniker im Studio als einem eminent kreativen Laboratorium. Sebastian Berweck erläutert die archäologische Komponente des technischen Equipments, während im Anschluss an die Rezeption des Studios durch Harry Vogt, den ehemaligen WDR-Redakteur für Neue Musik, und Martina Seeber das Konzept einer von Volker Müller konzipierten Präsentation der Studiogeschichte wiedergegeben wird. Der überaus sorgfältig und mit zahlreichen Abbildungen (Fotos, Schaltpläne, Notenbeispiele) gestaltete Band würde bei aller Wissenschaftlichkeit seine Absicht, das Studio als integrales und integrierendes Ensemble von Technikern und Komponisten zu würdigen, verfehlen, wenn nicht auch ältere und aktuelle Erinnerungen aller Beteiligten Eingang in den Band gefunden hätten. Nicht kommentarlos hingenommen werden sollten auch die präzisen Werk- bzw. Produktionslisten des Studios, das umfangreiche Literaturverzeichnis und das detaillierte Register.

Markus Bandur
Berlin, 30.11.2024

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