Martin Iddon: John Cage and David Tudor. Correspondence on Interpretation and Performance [Clemens Gresser]

Iddon, Martin: John Cage and David Tudor. Correspondence on Interpretation and Performance. – Cambridge: Cambridge University Press, 2013. – 237 S.: s/w-Abb., Ill., Notenbsp. (Music Since 1900) [in engl. Sprache]
ISBN 978-1-10701-432-9 : € 69,49 (geb.)

Das vorliegende Buch von Martin Iddon, Professor für Musik und Ästhetik an der University of Leeds (England), sammelt die Korrespondenz zwischen John Cage und dem Pianisten (und späteren Komponisten) David Tudor. Zwanzig Jahre nach dem Erscheinen des berühmten Schriftverkehrs zwischen Cage und Pierre Boulez (1990 weitestgehend auf Französisch und 1993 mit englischen Übersetzungen erschienen), ist dieses Buch die zweite publizierte Briefsammlung Cages. Iddon unterteilt den Schriftverkehr in drei Kapitel: 1951–1953 (29 S.), 1958–1962 (38 S.) und 1965–1989 (9 S.). Der größte Teil dieses Bandes besteht aber aus den ‘kommentierenden’ Kapiteln: „Musik des Zufalls“, „Bestimmen des Determinierten“, „Bestimmen des Indeterminierten”, Lösen/Bestimmen des Indeterminierten (“(In)determining the indeterminate”), „’Späte’ Realisationen“, „Praxis und Poiesis in unbestimmter Musik“.
Laut Iddon stellt dieses Buch „durch die Darstellung des Schriftverkehrs zwischen Cage und Tudor und einer kritischen Untersuchung mit Tudors praktischer Vorgehensweise in der Realisation von Cages Notenmaterialien […], eine Art Biographie des Lebens der kreativen Partnerschaft zwischen Cage und Tudor“ dar (S. ix). Iddon bemerkt selbst in seinem Vorwort, dass die „Korrespondenz zwischen John Cage und David Tudor eine frustrierende Erfahrung sein kann. Dies liegt nicht nur, letztlich, daran, daß diese klar unbefriedigend unvollständig ist“ (S. x). Cage verschickte zwar sehr viele Briefe und Notizen; jedoch sind nicht sehr viele von ihnen für das Verständnis seiner Musik(ästhetik) bzw. deren Realisation gewinnbringend.
Das Buch bietet insgesamt eine weniger befriedigende Leseerfahrung: 1. Teilweise fehlt der wissenschaftliche Apparat, der von einer Sammlung eines Schriftverkehrs erwartet werden darf; a) ich vermisse bei einigen Fußnoten bibliographische Angaben (wo fand Iddon einige dieser Fakten?), b) die 51 Briefe und Notizen selbst sollten klare Quellenangaben haben – sprich: wo genau findet sich, z.B., Brief Nr. 3? Die Webseiten des Tudor Archive des Getty Research Institute, Los Angeles, lassen mich in Box 52, Folder 3 vermuten, aber Iddon macht hierzu keine Angaben. 2. Die ‘kommentierenden’ Kapitel hätten es dem Leser ermöglichen können, Zusammenhänge zwischen Schriftverkehr und Realisationen klar zu sehen – leider geben dies die meisten erhaltenen Briefe nicht her, und Iddon bietet zwar eine Auseinandersetzung mit einigen Werken Cages an, die doch zu oft auf der – mit Querverweisen gewürdigten – Arbeit anderer Wissenschaftler beruht.
Iddons Buch wird leider nicht von allen Musikbibliotheken gekauft werden – Institutionen mit knappem Etat werden wohl auf die Anschaffung verzichten wollen; Cage-Experten könnten aber den einen oder anderen Informationszipfel in den Briefen finden, der leider weitestgehend außerhalb des im Titel versprochenen Schwerpunktes „Interpretation and Performance“ im engeren Sinne liegt.

Clemens Gresser
Cambridge (England), 02.06.2013

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