Richard Wagner – Die Münchner Zeit (1864-1865) / Hrsg. von der Bayerischen Staatsbibliothek [Ludwig Steinbach]

Richard Wagner – Die Münchner Zeit (1864-1865) / Hrsg. von der Bayerischen Staatsbibliothek / Autorinnen: Sabine Kurth u. Ingrid Rückert. – München: Allitera, 2013. – 166 S.: zahlr. Abb.
ISBN 978-3-86906-476-5 : € 16,90

Vom 15. März bis zum 28. Mai 2013 war in der Bayerischen Staatsbibliothek München die Ausstellung „Richard Wagner – Die Münchner Zeit zu erleben. Zu dieser sehr sehenswerten Präsentation aus Anlass des 200. Geburtstags des Bayreuther Meisters hat der Allitera-Verlag einen empfehlenswerten Begleitkatalog herausgebracht, in dem die beiden Kuratorinnen Sabine Kurth und Ingrid Rückert den vom 4. Mai 1864 bis zum 10. Dezember 1865 währenden Aufenthalt Wagners in München anhand vielfältigen Quellenmaterials in acht Kapiteln nachzeichnen. Ihre Ausführungen über die Geschicke des von Ludwig II nach München berufenen und im Folgenden stark protegierten Komponisten in der Bayerischen Landeshauptstadt, denen ein kurzer „biografischer Rundgang“ vorangestellt ist und die mit einer ausführlichen Zeittafel schließen, sind sehr lesenswert und lassen so manches Detail aus Wagners Zeit in München in einem etwas anderen Licht erscheinen als es bisher der Fall war. Im Zentrum des 166 Seiten starken Buches stehen die Umstände der am 10. Juni 1865 erfolgten Uraufführung von Tristan und Isolde am Königlichen Hof- und Nationaltheater, der heutigen Bayerischen Staatsoper. Es ist ein recht ausführliches Bild, das sich dem Leser hier erschließt, wozu die zahlreichen Briefe und mannigfaltiges Photomaterial einen gehörigen Teil beitragen. Zum ersten Mal werden in diesem Band 36 Briefe Cosima und Hans von Bülows aus dem Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek veröffentlicht; Adressaten waren die erste Isolde, Malwina Schnorr von Carolsfeld und der Musikkorrespondent Ferdinand Praeger. Diese Schreiben, obwohl sie selbstredend einen ziemlich subjektiven Einschlag zugunsten des zuletzt in München starken Anfeindungen ausgesetzten Wagner erkennen lassen, dürften für die Forschung in Zukunft ziemlich wichtig sein. Insbesondere für eine fundierte Bewertung der Pressekampagne gegen den Komponisten und seiner schließlichen Ausweisung aus Bayern dürften sie von großer Bedeutung sein. Abgerundet wird der großartige Gesamteindruck durch die erstmalige Veröffentlichung von Photos der Münchner Ur- bzw. Erstaufführungsmaterialien von Tristan und Holländer, in denen man teilweise Wagners eigenhändig eingetragene Anweisungen und Korrekturen bewundern kann. Die Bühnenbild- und Kostümentwürfe für die Uraufführung des Tristan sind sehr informativ; Anlass zum Schmunzeln geben die köstlichen Karikaturen aus dem Münchener Punsch, die mit Wagner und Bülow ganz schön ins Gericht gehen.
Insgesamt ist das Buch hervorragend recherchiert, nur bei einem Fakt irren die Autorinnen: Auf S. 65 behaupten sie, die Beamten der Staatskasse hätten Cosima die von König Ludwig Wagner bewilligten 40.000 Gulden insgesamt in Münzgeld ausgehändigt. In Wahrheit wurde aber nur etwas weniger als die Hälfte des Betrags in harter Währung ausgezahlt. Das ist aber nur eine Kleinigkeit.

Ludwig Steinbach
Kornwestheim, 03.06.2013

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