Franz Bartolomey: Was zählt, ist der Augenblick [Peter Sommeregger]

Bartolomey, Franz: Was zählt, ist der Augenblick. Die Bartolomeys. 120 Jahre an der Wiener Staatsoper – Wien: Amalthea, 2012. – 255 S.: Abb.
ISBN 978-3-85002-798-4 : € 24,95 (geb.)

Franz Bartolomey, langjähriger Solocellist der Wiener Philharmoniker, kann nicht nur auf eine erfolgreiche Laufbahn als Mitglied dieses Spitzenorchesters zurückblicken, er hat es darüber hinaus noch zum gesuchten Solisten gebracht. Besonders bemerkenswert ist aber die Tatsache, dass Franz III, wie er sich selbst nennt, schon in der dritten Generation diesem Klangkörper angehört. War der Großvater in Prag noch als Frantisek Bartolomej geboren worden, änderte er seinen Namen in Wien in Franz Bartolomey, und gehörte den Wiener Philharmonikern als Klarinettist bis 1914 an. Nach seinem gesundheitsbedingten Ausscheiden aus dem Orchesterverband begründete er die so genannte Wiener Klarinettenschule am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde. Zahlreiche von ihm ausgebildete Schüler fanden ihren Weg in bedeutende Orchester.
Weniger geradlinig verläuft der Lebensweg von Franz II, dessen frühe Jugend durch finanzielle Not nach dem ersten Weltkrieg, und dem relativ frühen Tod des Vaters gezeichnet ist. Er nimmt Geigenunterricht, und schließt sich der “Spielschar Ekkehard“ an, die, von Gerhard Rossbach gegründet, zu den nationalistischen Jugendbündnissen jener Zeit gerechnet werden muss, sich aber erfolgreich gegen eine Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten zur Wehr setzen konnte. Nach einem Geigenstudium an der Wiener Musikakademie gelingt auch ihm 1938 die Aufnahme in das Orchester der Wiener Philharmoniker. Es ist das Jahr, in dem Österreich Teil des „Dritten Reichs“ wird, was auch für das Musikleben Wiens einschneidende Änderungen mit sich bringt. Nach 1945 wird Franz II offenbar das Opfer von Intrigen, betreffend seine, wohl definitiv nicht bestehende Mitgliedschaft in der NSDAP. Erst 1951 wird er wieder in den Orchesterverband aufgenommen. Auch er muss aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig seine Tätigkeit als Musiker beenden, wird aber 1965 künstlerischer und administrativer Direktor der Wiener Symphoniker, des zweiten Wiener Spitzenorchesters.
Der Weg seines Sohnes, Franz III, scheint vorgezeichnet: auch er studiert Musik, entscheidet sich für das Cellospiel. Er wird, ebenso wie sein Bruder Ernst, Mitglied der Philharmoniker und feiert darüber hinaus auch große Erfolge als Solist.
Am Ende seiner Karriere legt er nun eine musikalische Familienchronik vor. Er kann auf unzählige Dokumente und Fotografien aus dem Familienbesitz zurückgreifen, die dem Buch einen interessanten dokumentarischen Charakter verleihen. Alle drei Bartolomeys waren schon von Berufs wegen in engem Kontakt mit den berühmten Komponisten und Dirigenten ihrer Zeit, mit nicht Wenigen entwickelten sich auch persönliche Freundschaften. Dies alles weiß Franz III sehr anschaulich zu schildern, kontroversen Themen weicht er aber eher aus und hält sich bedeckt. Fühlbar ist jedoch in jedem Satz, jedem Detail die geradezu leidenschaftliche Liebe zur Musik und die Hingabe an den ergriffenen Beruf als Berufung. Am Ende sind seine Ausführungen und Auflistungen der Erfolge nicht ganz ohne Eitelkeit. Wer möchte es ihm verdenken?

Peter Sommeregger
Berlin, 22.04.2013

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