Peter Wegele: Der Filmkomponist Max Steiner (1888–1971) [Markus Bandur]

Wegele, Peter: Der Filmkomponist Max Steiner (1888–1971) – Köln [u.a.]: Böhlau, 2012. – 300 S.: s/w-Abb., Notenbeisp. (exil.arte-Schriften ; 2)
ISBN 978-3-205-78801-0 : € 39,00 (geb.)

Max Steiner gehört unbestreitbar zu den großen Filmmusikkomponisten der Hollywood-Zeit, seine Partituren prägen zahlreiche Filme aus den Jahren von 1929 bis 1965, so dass wohl kaum ein Kinogänger sagen kann, er sei mit Steiners Musik nicht in Berührung gekommen. Maßgeblich auf ihn geht der neuartige Einsatz von Musik in den Soundtracks des um 1930 sich durchsetzenden Tonfilms zurück: Viele Problemlösungen hinsichtlich der diffizilen Abstimmung von Bildinformation und Musik (sowie von Sprache und Geräusch), die noch bis heute weitgehend bestimmend sind, finden sich erstmals in Steiners Partituren zu King Kong (1933), The Informer (1935), Gone with the Wind (1939), Casablanca (1942) und Now, Voyager (1942), um nur einige der wohl bekanntesten Filme aus den ersten beiden Jahrzehnten seines Wirkens zu nennen.
Lassen sich so an Steiners Schaffen exemplarisch die zentralen filmmusikalischen Techniken der (fälschlicherweise so genannten) Leitmotivik, des Underscoring und der Mood technique sowie ihre Verknüpfung mit dem spätromantischen Idiom aufzeigen, dem er sich zeitlebens verpflichtet fühlte, so ist doch erstaunlich, dass sein Werk bislang nicht ausführlich monographisch gewürdigt wurde. Sicherlich hat der – nicht gänzlich unberechtigte – Vorwurf, Steiner sei ein routinierter Vielschreiber gewesen, eine weitergehende Befassung mit seinem Schaffen behindert. Um so verdienstvoller ist es nun, dass mit Peter Wegeles Buch ein erster Schritt gemacht wird, sich Steiners kompositorischem Denken auch musikanalytisch und nicht in Form einer nur pauschaler Bewertung unter dem Gesichtspunkt des „musikalischen Dienstleisters“ (S. 243) zu nähern. Erfreulicherweise verstellt der Autor sich nicht den Blick auf die Usancen der funktionalen Musik, indem er die Hintergründe des Studiosystems und die Arbeitsbedingungen in Hollywood kritiklos ausblendet. Vielmehr fließt in seine Auseinandersetzung mit der kompositorischen Faktur immer auch das Wissen um die nüchternen, stellenweise schon kontraproduktiven Umstände ihrer Entstehung ein, wie etwa im Fall von Steiners Filmmusik zu Casablanca, die gerade durch ihren Charakter als Auftragsarbeit und ihre dadurch stärker hervortretenden schablonenhaften Züge für Wegeles Fragestellung erst interessant wird.
Zwar steht diese Musik zu Casablanca im Mittelpunkt der mit unterstützenden Notenbeispielen reich versehenen Auseinandersetzung, doch erfüllt der Autor auch den Anspruch, den er in dem monographischen Titel seines Buchs erhebt, durch die ausführliche Darstellung der Lebensgeschichte des gebürtigen Wieners, der 1914 nach New York übersiedelte. Eine umfangreiche Einführung zu den wesentlichen Techniken der Filmmusikkomposition ist hilfreich. Sie ermöglicht auch solchen Lesern einen Zugang zu Steiners Schaffen (und darüber hinaus einen Einblick in die Musikproduktion der Filmindustrie Hollywoods), die sich mit dieser Thematik bislang noch nicht näher beschäftigt haben, aber einen kundigen Zugang zur Klangwelt zahlreicher, bis heute rezipierter Kinofilme finden wollen. Enthält Filmographie und Bibliographie.

Markus Bandur
Berlin, 18.01.2013

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