Robert Schumann. Zwischen Poesie und Musik

Ausstellungskatalog SchumannZwischen Poesie und Musik. Robert Schumann – früh und spät. Begleitbuch und Katalog zur Ausstellung, Bonn und Zwickau / Hrsg. von Ingrid Bodsch und Gerd Nauhaus. Mit Beiträgen von Ute Bär, Otto Biba, Ingrid Bodsch, Beatrix Borchard, Irmgard Knechtges-Obrecht, Sigrid Lange, Linda Ma-Kircher, Anette Müller, Gerd Nauhaus, Julia M. Nauhaus, Uwe Hendrik Peters, Michael Struck, Thomas Synofzik – Bonn, Frankfurt/M.: Verlag des Bonner StadtMuseums, Stroemfeld-Verlag, 2006 – 384 S.: 179 Abb., Notenbeisp.
ISBN 3-86600-000-6 : € 29.90 (geb.)

Dieser Band ist zugleich als Begleitbuch und als Katalog zu einer in den Schumann-Städten Zwickau und Bonn gezeigten Ausstellung konzipiert und will Leben und Wir­ken des Komponisten von deren äußeren Polen her dokumentieren und beleuchten. Die große mittlere Periode seines Lebens in Leipzig und Dresden bleibt ausgespart zu­gunsten einer ausführlichen Darstellung seiner Jugend in Zwickau, wo er neben seiner musikalischen Grundausbildung noch hauptsächlich literarischen Interessen anhing, und seiner letzten Jahre in Düsseldorf und Bonn, wo er seine teilweise schwer verständ­lichen letzten Kompositionen schuf. Der frühe, poetisch experimentierende und der späte, musikalisch schwierige Schumann werden hier exponiert und erläutert.
Gerd Nauhaus gewährt Einblick in die halb privaten, halb öffentlichen frühreifen literarischen Ambitionen des Schülers und Studenten Schumann, indem er aus dessen diversen Heften mit prosaischen, dramatischen und poetischen Skizzen und Entwür­fen zitiert und gesondert die Reisenotizen „Jünglingswallfahrten“ erstmals faksimiliert und transkribiert abdruckt. Trotz einer unleugbaren literarisch-musikalischen Dop­pelbegabung will man gerade wegen der etwas zu schwärmerisch geratenen Vorstel­lung von Nauhaus nicht recht glauben, aus Schumann hätte ein ebenso großer Dich­ter wie Musiker werden können.
Wie wenig willkürlich Schumanns relativ späte Hinwendung zur Musik als künst­lerischer Hauptsache war, zeigt Thomas Synofzik detailliert anhand von Schumanns ersten Kompositionsversuchen (Zwickau und Studienzeit in Heidelberg). Linda Ma-Kircher schildert Schumanns mit großen Hoffnungen und Enttäuschungen verbunde­nen Aufenthalt 1838/39 im kleingeistigen und intriganten Wien.
Ein von Uwe Hendrik Peters versuchtes Psychogramm des „gesunden“ Schumann leidet unter seiner assoziativ-rhapsodischen Form und driftet in positive Klischees ab („schwermütig romantisches Temperament“ oder „lutherischer Genius“, S. 109); auch die Schilderung der Düsseldorfer Jahre von Irmgard Knechtges-Obrecht ist etwas ha­giographisch geraten und will Schumann als unschuldig an den Querelen um seine Position als Städtischer Musikdirektor hinstellen. Kritische Distanz zu Schumann und ein Eingeständnis seiner Schwächen in der Funktion eines Chor- und Orchesterleiters wären hier angebrachter.
Ute Bär erteilt wichtige Auskünfte über junge Künstler, die Schumann während seiner Düsseldorfer Zeit förderte: seine Konzertmeister Joseph von Wasielewski und Ruppert Becker und den Komponisten Albert Dietrich, und sie präsentiert den Erst­druck von kommentierten Notizen Beckers, die konkrete Einblicke ins damalige Kon­zertleben gewähren. Beatrix Borchard gibt ein faktenreiches und atmosphärisches Por­trät der spannungsreichen wahlverwandten Beziehungen zwischen den Schumanns und ihren Freunden Joseph Joachim und Johannes Brahms. Michael Struck ermög­licht einen Überblick über das reiche kompositorische Schaffen Schumanns während seiner Düsseldorfer Jahre.
Auf 96 Seiten steht ein gesonderter Katalog, der genaueste Beschreibungen der 296 Exponate enthält, von denen sogar 179 über den ganzen Band verstreut abgebildet sind. Der hohe dokumentarische Wert dieser aus Sammelstätten von Schumanniana in Zwickau, Bonn, Düsseldorf, Wien, Weimar und Berlin zusammengestellten Aus­stellung empfiehlt es dringend, diesen Band in Musikbibliotheken einzustellen.

Peter Sühring
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 27 (2006), S. 378-380

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