Wilhelm Friedemann Bach. Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke (BR-WFB). Bearb. von Peter Wollny [Ingeborg Allihn]

Wilhelm Friedemann Bach. Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke (BR-WFB) / Bearb. von Peter Wollny. – Stuttgart: Carus, 2012.  – 344 S.: Notenbsp. (Bach-Repertorium. Werkverzeichnisse der Musikerfamilie Bach ; II)
ISBN 978-3-89948-155-6 : € 99,00 (geb.)

Dieses Verzeichnis der Werke Wilhelm Friedemann Bachs (1710-1784) ist weit mehr als ein übliches Werkverzeichnis. Es ist ein Lehrbeispiel für den Umgang mit Quellen und ihrer Aufbereitung für den speziellen Zweck; aber es ist auch eine Kurzbiographie Bachs, dazu eine Geschichte seines Œuvres und nicht zuletzt eine kleine Aufführungsgeschichte von Musik des 18. Jahrhunderts.
Auf der Basis des 1911 von Martin Falck publizierten „zuverlässigen und umfassenden Verzeichnisses des überlieferten kompositorischen Schaffens des ältesten Bach-Sohnes“ (S. 8) hat der Bach-Forscher Peter Wollny alle in den vergangenen 100 Jahren aufgetauchten neuen Quellen und die seiner Zeit unbekannten Werke analysiert und ausgewertet. Darüber hinaus wurden sämtliche bereits bekannte Primär- und Sekundärquellen erneut befragt. Hatte sich im 19. und auch noch im 20. Jahrhundert das wissenschaftliche Interesse fast ausschließlich auf Johann Sebastian Bach gerichtet, so bietet nun dieses Verzeichnis eine solide Basis, um das „Bild vom Schaffen des ältesten Bach-Sohns wesentlich schärfer zu zeichnen.“ (S. 8 )
Das Verzeichnis ist in zehn Werkgruppen gegliedert: Clavierwerke, Kammermusik, Orchesterwerke, liturgische Kirchenmusik, Kirchenstücke (Kantaten, Chöre, Arien), weltliche Vokalwerke, vokale Kammermusik, theoretische Werke, die Notenbibliothek Bachs und Fehlzuschreibungen. Jede Werkgruppe wird mit grundsätzlichen Bemerkungen zur Überlieferung, zu den Umständen ihrer Entstehung und zu den jeweiligen Untergliederungsprinzipien eingeleitet. Innerhalb der Werkgruppen werden neben den Incipits, den Tonarten, Satzbezeichnungen etc. wesentliche Aspekte zur Entstehungsgeschichte mitgeteilt. Dokumentiert sind die Quellen, unterteilt in Originaldrucke, Abschriften etc. und Ausgaben. Literaturhinweise, geordnet in Allgemein, Quellen, Analyse usw., schließen die Informationen zu den einzelnen Werken ab. Akribisch hat Wollny alle nur greifbaren Forschungsergebnisse zu Bach eingearbeitet. Lediglich auf S. 254 wurde ein Hinweis auf Bach, den Verfasser der Oper Lausus und Lydie [G 2] Fk 106 (Text und Musik sind nicht erhalten), übersehen. „Es muss […] offenbleiben“, schreibt Wollny in Auswertung der zeitgenössischen Quelle, „ob hier tatsächlich W. F. Bach gemeint ist. In Plümickes Entwurf einer Theatergeschichte von Berlin (Berlin und Stettin 1781), der hier zitiert wird, ist jedoch auf S. 338 ausdrücklich von dem „berühmten Herrn (Wilhelm Friedemann) Bach“ die Rede. Er war also „tatsächlich“ der Autor! Im Anhang gibt es eine Tabelle der Konkordanzen (z.B. zwischen Fk und BR-WFB), ein Namensregister und eine Auflistung aller Textanfänge in den Vokalwerken. Abkürzungen für u.a. die Bibliotheken (nach RISM-Siglen), die Sekundärliteratur, für historische Verlags- und Auktionskataloge usw. werden bereits auf den S. 14-22 mitgeteilt.
Dieses Werkverzeichnis trägt vorbildlich dazu bei, Wilhelm Friedemann Bach den Platz innerhalb der Musikgeschichte zu sichern, der ihm so lange verwehrt wurde.

Ingeborg Allihn
Berlin, 03.07.2012

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Bach (Familie), Bach, Wilhelm Friedemann (1710-1784), Biographie, Komponist, Rezension, Werkverzeichnis abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.