Lexikon der Filmmusik: Personen – Sachbegriffe zu Theorie und Praxis – Genres [Ann Kersting-Meuleman]

Lexikon der Filmmusik: Personen – Sachbegriffe zu Theorie und Praxis – Genres / Hrsg.  von Manuel Gervink und Matthias Bückle. – Laaber: Laaber, 2012. – 710 S.: Abb.
ISBN 978-3-89007-558-7 : € 78,00 (Subskriptionspr. bis 31.12.2012, danach ca. € 88,00 (geb.)

Filmmusik ist in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus der Musikwissenschaft gerückt. Im deutschsprachigen Raum sind Monographien zum Thema in seiner ganzen Breite bisher nicht sehr zahlreich. Markante Publikationen waren 1980 Filmmusik: eine systematische Beschreibung von Helga de la Motte Haber und Hans Emons sowie 1989/90 N. J. Schneiders Handbuch der Filmmusik. Um 1979/80 erschienen auch in anderen Ländern umfassende Referenzwerke zur Filmmusik wie La musique du film von Alain Lacombe und Claude Rocle mit einem 140-seitigen Überblick über die Entwicklung der Filmmusik als Einleitung und einem rund 350-seitigen Lexikonteil (Komponistenalphabet international mit Kurzbiographie und Filmliste) oder Film music lexicon von Ermanno Comuzio (Pavia) mit Personenartikeln (Komponisten international mit Kurzbiographie und Werkcharakterisierungen im durchlaufenden Text). Im englischsprachigen Bereich ist die Literaturauswahl jedoch bei weitem größer, nicht nur in bezug auf Lexika, sondern auch im Bereich der Spezialbibliographien (z. B. Warren M. Sherk: Film and Television Music. A guide to books, articles and composer interviews. Lanham 2011).
Das Lexikon der Filmmusik war also ein Desiderat, sowohl für Forschung und Lehre als auch für den allgemeinen Gebrauch. Es ist ein Personen- und Sachartikel umfassendes Nachschlagewerk. Der Schreibstil ist eher journalistisch als lexikonartig: gut zu lesen, jedoch nicht so konzise und informationsdicht wie ein typisches Lexikon. Innerhalb eines Eintrages gibt es erst einen durchlaufenden Text zur Person bzw. dem Sachbegriff (Länge in der Regel zwischen 20 und 120 Zeilen bei zweispaltigem Format, ausnahmsweise auch bis zu 200 Zeilen wie Art. „Musikpsychologie“ oder mehr), dann eine Filmliste (oft in Auswahl), schließlich Literatur sowie ggf. eine weiterführende Web-Adresse. Einige Artikel sind durch Fotos illustriert (z. B. Kinoorgel).
Beispiel für einen umfangreicheren, rund 400 Zeilen umfassenden Artikel ist „Funktionen von Filmmusik“, der zunächst die Hauptfunktionen darstellt und in zweiten Teil sieben Theorien der Systematisierung der Funktionen von Filmmusik referiert.
Die Auswahl der Artikel folgt dem Forschungs“mainstream“: die Filmtheorie mit Bezug auf Autoren wie Zofia Lissa und Siegfried Kracauer ist gut vertreten, dramaturgische wie psychologische Aspekte werden behandelt. Filmgattungen erhalten in der Regel eigene Artikel (Abenteuerfilm, Animationsfilm). Es gibt Artikel zu filmtechnischen (ADR/Overdub-Verfahren, Synchronisation) wie auch zu musikspezifischen Begriffen (Rhythmus). Zahlreiche Verweisungen (wie Production Music > Library Music) und zwei Register erleichtern die Nutzung: Personenregister (23 S.), Register der erwähnten Filmtitel (85 S.). Abgerundet wird das Lexikon durch die dreiseitige Linkliste „Filmmusik im Internet“ sowie eine Auswahl-Literaturliste, die die Literaturangaben in den einzelnen Artikeln ergänzt (von den 28 Titeln sind 23 deutsch- und fünf englischsprachig).
Erfreulich ist die Aufnahme zahlreicher deutscher Film- und Fernsehkomponisten, die bisher in der Fachliteratur wenig Erwähnung fanden, z. B. Hans Leopold Posegga: Dokumentarfilme, Fernsehserien von Tatort bis zur Sendung mit der Maus, Florian Fricke Aguirre, der Zorn Gottes, Fitzcarraldo oder Martin Johannes Grassl, TV-Filme und -serien ab 1987). Allerdings erscheint die Auswahl der aufgenommenen Musiker teilweise willkürlich: warum Mark Knopfler und nicht Karel Svoboda? Auch die Auswahl der nationenorientierten Artikel ist nicht ganz plausibel: warum russisches, ukrainisches, sowjetisches Kino aber kein japanisches oder italienisches? Warum wurde Afrika („Nollywood“ etc.) ganz unerwähnt gelassen? Skandinavisches Kino und Filme aus Belgien oder den Niederlanden kommen etwas kurz.
Kleine Mängel gibt es im redaktionellen Bereich, z. B. beim Korrekturlesen des Autorenregisters oder der Namenskürzel.
Bei allen (kaum vermeidbaren) Lücken und Unzulänglichkeiten ist das Lexikon der Filmmusik ein sehr brauchbares, dabei handliches Nachschlagewerk.
Die im Vorwort formulierte Leitlinie, das Lexikon solle ein möglichst umfassendes Bild liefern, ist größtenteils erfüllt, das vorgeschlagene Weiterlesen und Stöbern in den angegebenen Quellen wie auch in umfassenden Internetangeboten wie IMDB, Wikipedia, Filmportal etc. ist zu empfehlen.

Ann Kersting-Meuleman
Bad Vilbel, 30.06.2012

Ein Verzeichnis der behandelten Filmtitel findet sich hier [Anm. d. Red.]

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