Mathieu Ferey u. Benoit Menut: Joseph-Guy Ropartz ou Le pays inaccessible

Ferey, Mathieu und Benoît Menut: Joseph-Guy Ropartz ou Le pays inaccessible. -Drize (Génève): Papillons, 2005. – 166 S.: Ill., Notenbeisp. (mélophiles ; 18)
ISBN 2-940310-25-4 : CHF 20,90 (€ 13,95)

Der heutzutage kaum mehr bekannte Komponist Joseph-Guy Ropartz (1864–1955) war Zeitgenosse wichtiger Tendenzen im französischen Musikleben, das besonders seit den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts vielfältige Entwicklungen erlebte. Nach juristischen Studien wandte er sich der Musik zu (er verfolgte zeitlebens aber auch literarische Interessen) und besuchte das Pariser Conservatoire, bevor er Schüler César Francks wurde. Nach der Ernennung zum Leiter des Konservatoriums in Nancy 1894 sollte er für 25 Jahre am Aufbau des Musiklebens in dieser Stadt mitwirken, wobei er sich neben der Verbesserung der musikalischen Ausbildung in Konzerten für die Werke der modernen französischen Komponisten einsetzte (besonders etwa für Albéric Magnard, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband), aber auch für ältere Werke, so dirigierte er 1902 die französische Erstaufführung der Bachschen Johannespassion. Seine 1912 in Nancy (1913 in Paris) uraufgeführte Oper Le Pays (nach einer Erzählung von Charles Le Goffic über einen bretonischen Islandfischer) wurde wohlwollend aufgenommen. Nach dem ersten Weltkrieg übernahm er die Leitung des Konservatoriums in Straßburg; in diesen Jahren wandte er sich verstärkt der Komposition geistlicher Musik zu. Auch im Ruhestand komponierte er weiter und erlebte regelmäßig Aufführungen seiner Werke und wurde schließlich 1949 Mitglied der Académie des Beaux-Arts.
Bei der Darstellung von Ferey und Menut handelt es sich zunächst um eine linear erzählte Biographie, die ansprechend aufgemacht und liebevoll mit Bildern ausgestattet ist. Ähnlich wie in den anderen Bänden der Reihe mélophiles sind auch hier die Kapitel mit einer Reihe von Werkbesprechungen verwoben, die jedoch sehr kurz sind und vor allem konzertführerartig die Hauptthemen aufzählen. Nützlich sind die ebenfalls enthaltenen Hilfsmittel: Werkverzeichnis, Auswahlbibliographie und ‑ diskographie und eine Zeittabelle mit historischen und kulturellen Ereignissen. Trotz ihrer Beschränkungen ist diese Biographie eine kurze und gut lesbare Einführung zu einem Komponisten, der zu Beginn seines Schaffens zwar noch zum fortschrittlichen Kreis um d’Indy gehörte, aber den Neuerungen der Musik nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr folgte, auch wenn im Buch eine tiefergreifende Diskussion von Ropartz’ ästhetischen ‚Unzeitgemäßheiten‘ weitgehend vermieden wird. Interessant ist Ropartz dennoch als Vertreter seiner Epoche, Repräsentant eines musikalischen Regionalismus (in zahlreichen seiner Werke verarbeitete er Themen und Sujets seiner bretonischen Heimat) und zudem als Akteur des Musiklebens außerhalb von Paris und damit der Dezentralisierung.

Inga Mai Groote
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 27 (2006), S. 292f.

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