Peter Bölke: Black and White. The Jazz Piano [Rüdiger Mull]

Bölke, Peter: Black and White. The Jazz Piano – Hamburg: Edel, 2011. – 153 S.; 4 CDs
ISBN 978-3-94000496-3 : € 39,95

Mit den earBOOKs gibt der Edel-Verlag eine schön gestaltete Reihe „hochwertiger Fotobildbände im Großformat kombiniert mit themenbezogenen Musik-CDs“ heraus.
„Peter Bölke, Diplom-Volkswirt, Journalist, arbeitete 27 Jahre beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Neben seiner Tätigkeit als leitender Wirtschaftsredakteur hat er sich ständig mit Jazz beschäftigt. Er hat Stories über Musiker geschrieben und Interviews (Herbie Hancock, Sonny Rollins, Dizzy Gillespie) geführt, die im Spiegel veröffentlicht wurden. Er schreibt u. a. für das Magazin Jazzpodium.“ Bei earBOOKs hat er bereits Roads of Jazz (2009) und Jazz Icons (April 2011) veröffentlicht und nun eben Black and White: The Jazz Piano.
Photobände zu Jazzmusikern sind sicher eine feine Sache, und hier ist eine schöne Bild-Auswahl getroffen. Bölke streut dazwischen aber deutlich mehr Text als üblich bei earBOOKs (immer in deutsch und englisch). Und mit diesem Text disqualifiziert er sich schon im ersten Absatz seiner Einleitung: „Das ‘Pianoforte’ kann man entweder piano oder forte spielen, der Künstler hat eigentlich keine Möglichkeit, einen individuellen Ton zu entwickeln, der im Jazz so wichtig und typisch ist. Doch improvisierende Pianisten sind mit diesem augenscheinlichen Nachteil fertig geworden, indem sie harmonische und rhythmische Charakteristika entwickelten und damit ihren eigenen, individuellen Stil schufen“. Die Entstehung und Entwicklung des Einsatzes des Klaviers in der Jazz-Musik von den nicht‑improvisierenden Anfängen bis zu den frühen Sechzigern wird anhand biographischer Angaben einiger Protagonisten beschrieben. Die gebotenen Informationen sind in vier Kapitel aufgeteilt: Blues und Boogie-Woogie (behandelt im wesentlichen Ragtime und Harlem Stride); Adel an den Tasten; Kleine Gruppe, großer Sound; Der Blues wird funky. Der Ansatz wird trotz des Versuchs chronologischer Kontinuität nur sehr schlaglichtartig durchgeführt. Thelonious Monk und Bill Evans haben das Glück, erwähnt zu werden, und wenn man weiß, mit wem sie spielten, findet man auch die entsprechenden Aufnahmen. Ahmad Jamal und George Russel fehlen komplett! So etwas gibt es in anderen Büchern ausführlicher und besser. Da wäre weniger mehr gewesen. Aus urheberrechtlichen Gründen ist es wohl auch leider nicht immer möglich, alle im Text hervorgehobenen Musikstücke auf einer der CDs beizufügen. Das trägt auch nicht zu einem einheitlichen Eindruck bei. Aber ich gebe zu: Über Ragtime und Harlem Stride erfährt man nicht immer so viel wie hier.
Keine Begeisterung werden Buch und CDs bei Jazz-Musikern auslösen oder bei Jazz‑Freunden, die ähnlich tief in dieser Materie sind. Für die „Norah Jones, Michael Bublé, Jamie Cullum, Katie Melua, Roger Cicero“-Jazz-Freunde endet das Buch mit den ganz frühen Sechzigern wohl sicher zu früh, um sie zu erfreuen. Das Buch paßt eher zum großbürgerlich-intellektuellen Feuilleton-Jazz-Freund, da es in existentialistischem Schwarz mit aufgeprägter schwarzer Schrift im Regal oder aufgeschlagen auf dem niedrigen Glas-Tisch echt was hermacht. Für diese Zielgruppe ist auch das ideale Geschenk. Sie kann sich schon freuen auf den nächsten Band Deep South: The Story of Blues, der im Juni 2012 erscheinen soll.

Rüdiger Mull
Bonn, 31.01.2012

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