Ernst Krenek – Briefwechsel mit der Universal Edition (1921-1941) / Hrsg. v. Claudia Maurer Zenk

Ernst Krenek – Briefwechsel mit der Universal Edition (1921–1941) / Hrsg. von Claudia Maurer Zenck unter Mitarbeit von Rainer Nonnenmann. – Köln [u.a.]: Böhlau, 2010. – 2 Bde., 997 S.: s/w-Abb.
ISBN 978-3-412-20570-6 : € 120,00 (geb.)

In welch gigantischem Ausmaß das OEuvre Ernst Kreneks (1900–1991) ein Jahrhundert Musik- und Kulturgeschichte widerspiegelt, war schon zu Lebzeiten des auch publizistisch facettenreichen Komponisten communis oppinio. Versiegt ist die profunde Quelle jedoch bis heute nicht. So edierte Claudia Maurer Zenck für Böhlau zunächst den Briefwechsel mit Friedrich T. Gubler von 1928 bis 1939 und Kreneks amerikanische Exiltagebücher (1937–1942). Eine exzeptionelle Krönung, Ergebnis neunjähriger Recherchen, aber erfolgte nun in Form des Briefwechsels mit Kreneks damaligem Exklusivverlag, der Wiener Universal Edition. Datierend von 1921 bis 1941, dokumentieren über 1.350 Schriftstücke die erste Phase einer künstlerisch-geschäftlichen Symbiose, die nach kriegsbedingter Zäsur bis zum Tod des Komponisten reichte.
Den biographischen und musikhistorischen Zusammenhang erschließt Maurer Zenck in ihrer zweiteiligen Einführung hilfreich mit einem deduktiv gliedernden und exegetisch präzisen Vademecum durch die Chronologie der im Quellentext thematisierten Hauptstränge sowie der immanenten zeitgeschichtlichen Koordinaten: vom Anfängervertrag des 20-jährigen Schreker-Schülers und steigenden, obgleich noch nicht existenzsichernden Aufführungserfolgen über den Boom der Zeitoper Jonny spielt auf und krisenbedingter Rückschläge (exponiert: die hintertriebene Wiener Uraufführung von Karl V., Nazi-Affronts) bis zur dodekaphonen Stilwende und der Emigration in die USA.
Der zweite Einleitungsteil informiert minutiös über die editorischen Prinzipien und textökonomischen Operationen. Falls abweichend von der Standard-Briefform etwa, finden sich unterhalb der jeweiligen Inventarnummern einschlägige Kürzel für Dokumenttyp und Schreibart. Dezidiert unterschieden wird zwischen gesicherten und ungesicherten Ergänzungen.
Was das voluminöse Korpus trotz weiträumig auch substanzschwächerer Routinekommunikation (Begleitschreiben zu Korrekturfahnen, Musikalienbestellungen etc.) zur Fundgrube vielfältiger Forschungsinteressen qualifiziert, ist – neben interpoliertem Ergänzungsmaterial – die Dramaturgie der pro Dokument separat vergebenen Anmerkungsapparate: Rekurse und Antizipationen markieren übergreifende Zusammenhänge, weiterführende Sachinformationen erhellen ein multidisziplinäres Tableau an Personalia, Kultureinrichtungen und primärer wie sekundärer Literatur.
Von den unzähligen, für performative Ansätze ergiebigen Aspekten seien beispielhaft nur die Systeme der Tantiemenberechnungen, Druck- und Herstellungsverfahren sowie Form und situativer Habitus der Briefdiktion genannt. Ein Verzeichnis der erwähnten Literatur, ein kombiniertes Personen- und Werkregister sowie ein Index zu Orten und Institutionen komplettieren den philologischen Kraftakt.

Andreas Vollberg
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 31 (2010), S. 354

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