Otto Brusatti: Mahler x 100: von Alma bis Zemlinsky

Brusatti, Otto: Mahler x 100: von Alma bis Zemlinsky. Mit Illustrationen von Daniela Fruhwirth. – Wien: Echomedia, 2010. – 269 S.: Ill.
ISBN 978-3-902672-24-7 : € 14,90 (geb.)

Und noch eine Mahler-Publikation mehr muss der Markt im Dioskurenjahr 2010/11 vertragen: Gustav Mahler (1860–1910) mal anders, nämlich als Lexikon und Nachschlagebüchlein versteht sich dieses leichtgewichtig wirkende Druckwerk im Westentaschenformat. Fecit – gemacht hat’s der bekannte ORF-Moderator und Musikologe Otto Brusatti in Zusammenarbeit mit der jungen Grafikerin Daniela Fruhwirth, deren Zeichnungen von Personen v.a. aus dem Dunstkreis des Komponisten (etwa „Almschi“, auf die sich auch ein Großteil der Berichte bezieht), Kunstwerken (Klimt, Stillleben) und natürlich seiner Person selbst (Brille, Portraits) in diversen Schattierungen durch naturnahe Deutlichkeit bestechen.
Der Buchtitel bezieht sich zunächst auf (auch!) 100 ausgewählte, nur stichpunktartig aufgelistete Jahreszahlen aus dem Leben des Künstlers bis zur UA der 9. Sinfonie anno 1912. Dann fallen alphabetisch die im Kontext verdächtigen Personen (Roller, Strauss, Gropius) oder spezielle Schlaglichter etwa auf „Krankheiten“ oder „Wohnungen (vor allem Wiener, nur längerfristige)“. Ein kurzes Register verschafft den nötigen Überblick. Die Abhandlungen reichen vom Zweizeiler bis Mehrseiter; dass es etwas ausführlicher wird gerade bei den Sinfonien, Liedern, Dirigenten oder „Komponierverbot“, versteht sich von selbst. „Mozartl, Mozartl“, der Überlieferung nach Mahlers letzte Worte, dürfen nicht fehlen. Ob aber die Erwähnung, dass L. Bernstein nach einer von ihm dirigierten Aufführung der Achten „yeah!“ ausgerufen haben soll, nicht doch eher der Verlegenheit der Aufnahme wenigstens eines Wortes mit „y“ geschuldet ist, sei dahingestellt.
Das Büchlein ist auch im Querformat zu gebrauchen, denn eine linksseitige Randleiste zeigt den jeweiligen Artikel an; hingegen sind die wirklichen Titelüberschriften in einer zwar grafisch ansprechenden Kunstschrift, eine Finesse der Herausgeber, doch mithin weniger augengefällig gehalten.
Im Vorwort wird, obwohl ein genuin Wiener Verlagsprodukt, an Kritik nicht gespart, und das ist dem Musikjournalisten  zugute zu halten, der anspricht, dass in der Stadt, die am ehesten mit Mahler in Verbindung gebracht wird, klar: Wien, trotz Doppeljubiläums keinerlei Anstrengungen in Richtung einer großangelegten Ausstellung geschweige denn einer Gesamtedition der Werke unternommen wurden und dem Anlass ein sichtbares Denkmal gesetzt wird.
Ob diese Neuerscheinung notwendig war, ist diskussionsbedürftig. Besseres gibt es auf jeden Fall; für eine Grundinformation tut sie sicher nützliche Dienste, wenngleich der journalistische Stil vereinzelt zu leger daherkommt und von daher trotz hoher Sachkenntnis des Autors manchem Einsteiger in das vertrackte Phänomen Mahler Schwierigkeiten bereiten könnte. Und: Mahler ist auch mit 100 Artikeln nicht zu fassen!

Manfred Sailer
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 31 (2010), S. 353

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