Mike Watkinson und Pete Anderson: Shine On You Crazy Diamond – Syd Barrett und Pink Floyd [Manfred Miersch]

Watkinson, Mike und Pete Anderson: Shine On You Crazy Diamond – Syd Barrett und Pink Floyd. - Berlin: Bosworth, 2010. – 192 S.: 29 s/w-Abb.
ISBN 978-3-86543-366-4 : € 14,95 (Pb)

Roger Waters, das Gründungsmitglied der international bekannten und berühmten Band Pink Floyd, gab in diesem Jahr (2011) im Rahmen einer groß angelegten Tour auch in Deutschland einige rasch ausverkaufte Konzerte. Ein guter Anlass um sich an die Geschichte des Entstehens der Band zu erinnern und an den charismatischen Syd Barrett, der als Gitarrist, Sänger und Songwriter das Projekt Pink Floyd initiierte und in den ersten Jahren entscheidend formte. Barrett war kein großer Gitarrenvirtuose, allerdings ein talentierter Klang-Experimentator, der seine Gitarrensaiten schon mal bewusst verstimmte und unter Einsatz eines Echogerätes und unkonventioneller Spieltechnik den typischen Pink-Floyd-Sound der psychedelischen Phase erfand.
Unkonventionell war auch Barretts Leben, der 1946 geborene Engländer verwandelte sich im Alter von nur 21 Jahren von einem humorvollen, originellen, sehr gutaussehenden Bandleader in ein zum Musizieren unfähiges aufgequollenes, zombiehaftes Wesen, das bis zu seinem Tod im Jahr 2006 zurückgezogen und scheinbar weitgehend kommunikationsabgeneigt lebte. Ob Barrett die stetig wachsende Karriere seiner ehemaligen Mitmusiker zur Kenntnis nahm, ist unbekannt. Die zweifelsfrei durch übermäßigen Drogenkonsum ausgelöste Persönlichkeitsveränderung, die mit letzter Anstrengung aller Beteiligter eingespielten Solo-Platten und der finale Rückzug, dies führte zu erheblicher Legendenbildung. Die Autoren des Buches Shine On You Crazy Diamond, ein Titel der einem Barrett gewidmeten Stück der späteren Pink Floyd entlehnt ist, stellen die berechtigte Frage „wie sich eine solche Legende um jemanden ranken konnte, dessen gesamtes Aufnahme-Output inklusive seines späteren Solowerks nur wenig mehr als drei Alben umfasste“ (S. 10). Nach 144 Seiten ist eine mögliche Begründung gefunden, indem die Autoren den Journalisten Paul Moody vom New Musical Express mit der Aussage zitieren „Im Tod ist Syd Barrett zu dem geworden, was ihm im Leben nie gelang: nicht nur ein Querdenker, sondern der Archetyp des Rock’n’ Rollers“ (S. 154).
Die Schilderung vom Aufstieg und Absturz einer Hoffnung des psychedelischen Brit-Pop ist gut gelungen, detailreich und informativ. Den Autoren und auch der Übersetzerin ging es glücklicherweise nicht um die Herausgabe eines literarischen Jahrhundertwerkes oder um die Anbiederung an zeitgeistigen Jugend-Jargon, sondern um eine angemessene pragmatische Betrachtung, die flott und ohne überflüssiges Beiwerk daherkommt.
Das Vorwort verfasste ein Seelenverwandter, der psychedelische Ober-Druide Julian Cope, es wurde bereits 1990 geschrieben, dem Jahr, aus dem die Erstausgabe stammt. Im Anhang des sehr empfehlenswerten aktualisierten Buches befinden sich Kurznotizen, die Kenntnis davon geben, was aus den im Buch erwähnten Personen wurde, eine Diskografie inkl. Buch- und Zeitschriftenverzeichnis und ein Register.

Manfred Miersch
Berlin, 04.12.2011

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