Giora Feidman: Du gehst, du sprichst, du singst, du tanzt. Erinnerungen [Claudia Thieße]

Feidman, Giora: Du gehst, du sprichst, du singst, du tanzt. Erinnerungen. – München: Pattloch, 2011. – 286 S.: 44 Farb- und s/w-Fotos.
ISBN 978-3-629-02284-4 : € 19,99 (geb.); auch als e-book erhältl.

Musik ist für den Klezmermusiker und Klarinettisten Giora Feidman (*1936) ein unverzichtbarer Teil seines Lebens, steht ganz selbstverständlich in einer Reihe mit den elementaren Tätigkeiten „gehen“ und „sprechen“ im Titel seines Buches. Dieses schrieb er zusammen mit Minka Wolters anlässlich seines 75. Geburtstages, um sein Leben Revue passieren zu lassen.
Er gliedert sein Werk in dreizehn Kapitel, denen er jeweils kurze Zitate oder poetische Sätze voranstellt. Gleich die erste Passage beginnt mit einer Erzählung, die zunächst für Verwirrung beim Leser sorgt. Bei der Geschichte über eine jüdische Hochzeit, die durch ein Pogrom abrupt beendet wird, handelt es sich um eine Episode aus seinem Theaterstück Nothing but music aus dem Jahre 2005. Auf diese Weise greifen die Autoren zwar ein wenig voraus, schaffen aber einen guten Einstieg.
Nach dem explizit als „Auftakt“ bezeichneten Anfang folgt der eigentliche Beginn, die Beschreibung seiner familiären Wurzeln in Osteuropa und die Auswanderung seiner Vorfahren nach Argentinien, wo Feidman selbst geboren wurde. Dem unwissenden Leser erklärt er zudem einige grundlegende jüdische und hebräische Begriffe. Anekdotenreich schreibt Feidman von seiner Familie, in der er in vierter aufeinanderfolgender Generation Musiker ist. Dabei stellt er stets seinen Vater in den Mittelpunkt, da dieser ihn als Mensch und als sein erster Klarinettenlehrer auch musikalisch über die Maßen prägte. Von ihm übernahm er seine Einstellung zur Musik als spiritueller Nahrung. Diese sehr innige Beziehung zur Musik ist Gegenstand eines ganzen, fast ein wenig kitschig anmutenden Kapitels. Es fällt aber, zusammen mit einem weiteren Abschnitt, der dem Thema Musik bzw. nun konkreter dem Klezmer gewidmet ist, aus dem Rahmen; ansonsten hält sich das Autorenteam an einen chronologischen Aufbau. Sie erzählen von Feidmans privatem und beruflichem Werdegang, dem Umzug von Argentinien nach Israel, seinem Leben in den USA und natürlich seinen Konzerten und Tourneen. Feidman, der ein Klezmer-Revival in der westlichen Welt evozierte, aber auch klassische Musik spielt, nutzt seine Stellung als angesehener Klarinettist, um einerseits Klezmer aktiv zu fördern, andererseits aber auch, um die Beziehungen zwischen Israel und Deutschland, zu dem er inzwischen ein inniges Verhältnis pflegt, zu verbessern. Weitere Projekte, auch in den Bereichen Film und Theater (u.a. das oben erwähnte Theaterstück Nothing but music, das eigens für ihn geschrieben wurde), führen dazu, das Feidman ein viel beschäftigter, aber, so wirkt es, mit seinem Leben zufriedener Mensch ist. Dieses stellt er in seinen Erinnerungen glaubhaft dar; das Buch ist in einem kurzweiligen und anekdotenreichen Stil gehalten und somit leichte und dennoch interessante und gehaltvolle Lektüre.

Claudia Thieße
Frankfurt am Main, 09.09.2011

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