Arnold Werner-Jensen: Konzertführer für junge Leute

Werner-Jensen, Arnold: Konzertführer für junge Leute. Zeichnungen von Maren Barber Heinrich – Mainz: Schott, 2006. – 528 S. zahlr. Ill. und Notenbeisp. (SEM 8386)
ISBN 3-254-08386-5 : € 13,95 (Pb.)

Arnold Werner-Jensen, u.a. Musiker, Musikkritiker und Musikpädagoge, wendet sich mit diesem Konzertführer, wie schon mit seinem Opernführer von 2002, (s. Rez. in FM 2003, S. 246f) an Kinder und Jugendliche, aber auch an deren Eltern und Verwandte.
In einem einleitenden Kapitel erzählt der Autor knapp die Geschichte der Orchestermusik und die Entwicklung des öffentlichen Konzertwesens. Dieses entwickelte sich erst ziemlich spät, Ende des 17. Jahrhunderts von England aus; Konzertwerbung, Abonnements entstanden ebenso wie typische Berufe, Agenten (Impresarios) und Konzertdirektionen. Eigene Konzerthäuser mussten gebaut werden, um die wachsenden Ansprüche der Musiker und des Publikums an die Räumlichkeiten zu befriedigen. Die Abbildungen zeigen Blicke in die verschiedenen Häuser, in die Auditorien der verschiedenen Konzerte, erläutern aber auch unterschiedliche Sitzordnungen im Orchester. Eine kleine Formenlehre erklärt den Wandel der Formen der Orchestermusik von der Renaissance bis in die Gegenwart knapp und verständlich.
Den Hauptteil des Buches bilden vier große Abschnitte: 17. und frühes 18. Jahrhundert, 18. und frühes 19. Jahrhundert, Das 19. Jahrhundert und Vom 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart; diese sind nach einleitenden Kapiteln wiederum unterteilt und stellen in chronologischer Reihenfolge Repräsentanten der Ära und ihre Orchesterwerke vor, insgesamt mehr als zweihundert Stücke, die auf Konzertprogrammen häufig zu finden sind.
Einem Komponistensteckbrief mit Portraitcollage und biographischen Steckbrief sowie summarischer Auflistung des OEuvres folgen Beschreibungen einzelner Werke. Dem bibliographischen Teil (Titel, Entstehungsjahr und –ort, Besetzung und Satzfolge) folgen zusätzliche Hinweise zur Entstehungsgeschichte und Bedeutung Oper, teilweise kurze Notenbeispiele.
Das letzte Kapitel untersucht die nationalen Ausprägungen im 20. Jahrhundert, lokal unterteilt in Deutschland, Russland, Westeuropa und USA; ein zusätzliches Unterkapitel beschäftigt sich mit der Orchestermusik nach 1945, deren einzelne Stilmittel aufgezeigt, deren Repräsentanten aber nur kursorisch gestreift werden. Z.B. Messiaen, Scelsi, von Einem, B.A. Zimmermann, Cage, Ligeti, Berio (dieser war bei Erscheinen des Buches bereits drei Jahre tot, was nicht vermerkt ist!), Boulez, Stockhausen, Kagel, Schnittke, Pärt, Holliger. Als „nächste, jüngere Generation von Musikern in Deutschland“ (S. 514) nennt Werner-Jensen Hans-Jürgen von Bose, Detlev Müller-Siemens und Wolfgang Rihm. Die Rezensentin, die häufig Konzerte mit zeitgenössischer Musik besucht, kann diese Auswahl nicht ganz nachvollziehen.
Die letzten 14 Zeilen des Buches tragen dem Umstand Rechnung, dass „im Zeitalter einer fortschreitenden Emanzipation, nach 1945,“ „Komponistinnen endlich zu einer Selbstverständlichkeit geworden“ sind (S. 515). Hier nennt er Lili Boulanger, Sofia Gubaidulina und Violeta Dinescu, letztere wiederum als Vertreterin einer jüngeren Generation. In den Augen der Zielgruppe sind diese jüngeren schon Grufties, daher hätte Werner-Jensen durchaus noch jüngere, bereits etablierte Komponisten, wie z.B. Olga Neuwirth und Jörg Widmann anführen können.
Ein mehrseitiges Glossar und ein Personenregister runden den Band ab. Das Werk hat sich bereits am Vatertag als Vorbereitung für den Besuch des Jugendkonzertes in der Kölner Philharmonie bestens bewährt, zum einen erfuhren wir durch eine Abbildung, dass Konzerte dieser Art keine neue Erfindung sind, sondern dass es bereits 1902 ein Jugendkonzert in der Berliner Philharmonie gab, zum anderen konnten sich die Sprößlinge auf Schumanns Vierte vorbereiten!

Jutta Lambrecht
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 28 (2007), S. 209f.

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