Walter Hansen: Richard Wagner

Hansen, Walter: Richard Wagner. Biographie. – München: dtv, 2006. – 360 S.: Abb.
ISBN 978-3-423-24549-4 : € 15,00 (Pb.)

Der immensen Flut an Wagner-Literatur hat Walter Hansen, freier Schriftsteller in München, eine weitere Biographie des Bayreuther Meisters hinzugefügt. Die Absicht Hansens, der vor einigen Jahren bereits eine „erzählende Ausstellung über Wagners Leben und Werk konzipiert“ hat (S. 14), war „eine Biographie zu schreiben… im Stil der Ausstellung: spannend, sachlich und vor allem leicht verständlich“ (S. 14). Das ist ihm insgesamt gut gelungen. Er schreibt den großen Abenteuerroman von Wagners Leben im Großen und Ganzen sehr einfühlsam, anschaulich und flüssig. Sein Stil ist leicht und gut verständlich. Es gelingt ihm vorbildlich, den großen erzählerischen Fluss mit bildhafter Faktenschilderung zu verbinden. Dabei vermeidet er weitschweifiges Philosophieren um Wagners Werk und Wirkung. Bei ihm steht die Lebensgeschichte des Meisters im Vordergrund, wobei v. a. die von anderen Autoren oft vernachlässigte „menschliche und allzumenschliche Seite von Wagners Leben“ (S. 13) Berücksichtigung findet. Auch wartet er mit so manchen Informationen auf, die man in anderen Wagner-Biographien vergeblich sucht. So hätten Wagner z. B. nur gebundene Frauen gereizt. Rivalenkämpfe mit den betrogenen Ehemännern hätten seine Arbeit beflügelt (S. 52). Immer wieder eingegangen wird auch auf die von Wagner entwickelte neue Dirigiertechnik – „eine Revolution… Er war der Bahnbrecher, der Prototyp des heutigen Stardirigenten“ (S.65). Ganz allgemein wird festgestellt, dass Verhandlungsgeschick und Geschäftssinn Wagners geringste Begabung gewesen seien (S. 111) und dass der Komponist viele Rechte gleichsam verschleudert habe (S. 115). Andererseits geht Hansen bei streitigen Sachverhalten einer näheren Stellungnahme bewusst aus dem Weg. So z. B. bei der Frage nach Wagners Vater: „…das Ergebnis ist bekannt: keine Beweise. Keiner kann wissen, wer Richard Wagners Vater war“ (S. 16). Hier ist dem Autor offenbar entgangen, dass diese Frage längst geklärt ist. Leider enthält sein Buch auch einige Auslassungen und Unrichtigkeiten. So stimmen beispielsweise die angegebenen Daten und Zitate nicht immer, so z. B. bei der Pariser Aufführung des Tannhäuser (S. 203). Der Trauergesang auf Carl Maria von Weber heißt Hebt an den Sang und nicht Hebet an den Sarg. Das sind aber nur Kleinigkeiten. Insgesamt handelt es sich hier um ein Buch, dessen Lektüre durchaus empfohlen werden kann.

Ludwig Steinbach
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 28 (2007), S. 186

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