Kathleen Lamkin: Esterházy Musicians 1790 to 1809

Lamkin, Kathleen: Esterházy Musicians 1790 to 1809. Considered from New Sources in the Castle Forchtenstein Archives. – Tutzing: Hans Schneider, 2007. – 224 S.: 9 Abb. (Eisenstädter Haydn-Berichte ; 6)
ISBN 978-3-7952-1216-2 : € 45,00 (geb.)

Bislang haben Untersuchungen zur Musikkapelle der Fürsten Esterházy vor allem Haydns Wirken unter Nikolaus „dem Prachtliebenden“ fokussiert, während die Folgejahre ein Schattendasein führten. Diese Lücke ist durch die akribische Arbeit der amerikanischen Musikwissenschaftlerin Kathleen Lamkin nun geschlossen.
Es ist ein großes Verdienst, dass Lamkins Untersuchung mit Beginn des Jahres 1790 einsetzt. Die tiefgreifenden Umbrüche nach dem Tod Nikolaus’ mit der Auflösung der Hofmusik sind so problemlos nachvollziehbar. Weniger glücklich scheint indes der Abschluss 1809, der an Haydns Todesdatum orientiert ist. Haydn nahm zu dieser Zeit in der Hofkapelle keine Aufgaben mehr wahr und der Aufstieg von Johann Nepomuk Fuchs zum Kapellmeister war äußerlicher Natur, so dass ein anderes Datum vielleicht sinnvoller gewesen wäre.
Im ersten Teil beschreibt Lamkin die Veränderungen in den verschiedenen musikalischen Bereichen der Kammermusik, Kirchenmusik, Grenadiergarde und Theatermusik. Der zweite Teil ist ein Lexikon aller Hofmusiker. Hier gehen Lamkins Ausführungen über die gesetzten Datumsgrenzen weit hinaus. Die bis mindestens 1790 engagierten Musiker behandelt sie vom Eintritt in die Hofkapelle an; jene, die spätestens 1809 eingestellt wurden, verfolgt sie bis zu ihrem Tod. Dabei stellt sie sowohl biographische Daten als auch die Einkünfte der Musiker (einschließlich ihrer Naturaliendeputate) zusammen.
Leider sind die Quellenangaben im Lexikonteil unübersichtlich, und die zusätzlich herangezogene Literatur beschränkt sich auf den Esterházyschen Hof. Sonst hätte Lamkin ihre Vermutung, dass der Tenor Prospero Braghetti nach 1790 in London auftrat, anhand des Libretto-Katalogs von Sartori bestätigt gefunden. Auch einige wenige Fehler sind ihr unterlaufen. So wurde der Cellist Anton Kraft schon 1778, nicht erst 1788 in der Hofkapelle angestellt, und sein Sohn Nicolaus wurde ebenfalls bereits 1778 geboren.
Am Ende stellt Lamkin ihre Ergebnisse in zwei Übersichten dar: einer Tabelle, die die Anstellungsdauer der einzelnen Musikerinnen und Musiker angibt, sowie einer Graphik, aus der die Anzahl der Musikerinnen und Musiker pro Jahr hervorgeht. An ihr lassen sich die großen Veränderungen ablesen: 1790 sind 61 Musikerinnen und Musiker nachgewiesen; nach dem Tod Nikolaus’ des Prachtliebenden sank ihre Zahl bis 1799 auf 26, um anschließend bis auf den 1808 erreichten Spitzenwert 94 anzusteigen. Das Buch ist durch ein (leider nicht ganz zuverlässiges) Personenregister erschlossen.
Lamkins Arbeit ist nicht nur für Haydn-Spezialisten interessant, sondern bietet eine Fülle von Material und zahlreiche Anknüpfungspunkte für kultur- und sozialgeschichtliche Studien. Sie sei daher allen wissenschaftlichen Bibliotheken zur Anschaffung empfohlen.

Christine Siegert
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 28 (2007), S. 181f.

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