Peter Sühring: Die frühesten Opern Mozarts. Untersuchungen im Anschluß an Jacobsthals Straßburger Vorlesungen

Sühring, Peter: Die frühesten Opern Mozarts. Untersuchungen im Anschluß an Jacobsthals Straßburger Vorlesungen. – Kassel: Bärenreiter, 2006. – 395 S.: Notenbsp.
ISBN 978-3-7618-1895-5 : € 39,95 (geb.)

Besonders bei Komponisten mit einem sehr umfangreichen Oeuvre gibt es eine „Ab­stellkammer“, in der – vom Publikum und der Wissenschaft weitgehend unbeachtet – weniger oder kaum bekannte Werke lagern, die den Durchbruch in die Konzertsä­le und auf den Tonträgermarkt bisher nicht geschafft haben. Häufig sind es Juvenilia oder Studien, die selbst vom Urheber nicht als „gültig“ eingestuft wurden. Gedenk­jahre bieten jedoch eine gute Gelegenheit, diese vergessenen Stücke „auszugraben“ und ihren Rang zu prüfen. Ob sie sich danach im öffentlichen Bewusstsein wirklich festsetzen, dürfte meistens zu bezweifeln sein – und dennoch lohnt sich die Mühe in jedem Fall, weil man anhand dieser Dokumente die Entwicklung des Komponisten nachvollziehen kann.
Peter Sühring macht im Mozart-Jahr auf die vier ersten Bühnenwerke des Kompo­nisten aus der Zeit um 1767 bis 1769 aufmerksam: Das geistliche Drama Die Schul­digkeit des ersten Gebots, das lateinische Intermezzo Apollo et Hyacinthus, das Singspiel Bastien und Bastienne sowie die opera buffa La finta semplice. Zusam­men mit einigen damals noch geschriebenen Arien werden Mozarts früheste Beschäf­tigung mit dem Musiktheater und seine Bemühungen auf diesem Sektor untersucht. Bei seinen Ausführungen zieht Sühring noch Vorlesungen von Gustav Jacobsthal (1845–1912) heran, in denen dieser schon in den 1880er Jahren auf die Bedeutung von Mozarts frühem Bühnenschaffen hingewiesen hatte.
Sühring entwirft ein sehr schlüssiges Gesamtbild vom jugendlichen Mozart als einem geschickten „Theaterkomponisten“, der bereits mit seinen ersten Versuchen ein beachtliches musikdramatisches Gespür entwickelt hat. Vor allem der Leser, der die hier vorgestellten Werke nicht kennt (und das sind sicher sehr viele), wird sich mit Gewinn auf jenes Neuland begeben und die Leistung des Wunderkindes bestaunen. Doch bei der unvermeidlichen Frage, wieviel „gültiger Mozart“ hier schon vorhanden sei, muss man auch eine Antwort danach suchen, ob sich Konsequenzen für das Re­pertoire der Opernhäuser und für den Tonträgermarkt ergeben könnten. In die meis­tens viel zu großen Säle passen die eher zierlichen Stücke jedenfalls kaum; doch wenn sich kleinere Theater durch dieses Buch zu Aufführungen annimieren ließen, so hätte sich nicht zuletzt deshalb die Arbeit wirklich gelohnt.

Georg Günther
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 28 (2007), S. 65f.

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