Christian Schröder: Für mich soll’s rote Rosen regnen. Hildegard Knef. – Berlin: ebersbach & simon, 2025. – 144 S.: s/w-Abb.
ISBN 978-3-86915-313-1 : € 20,00 (geb.)
Als Hildegard Knef (1925–2002) am 1. Februar 2002 starb, ähnelte der Abschied von ihr einem Staatsakt. Nicht nur Freunde, Prominente und Politiker wohnten der vom Land Berlin organisierten Trauerfeier bei, sondern auch viele einfach Bürger. „Die ganze Stadt schien zu trauern“, so beschreibt es Christian Schröder, Kulturredakteur beim Berliner Tagesspiegel, am Ende seiner jüngst erschienenen, kompakten Biografie Für mich soll’s rote Rosen regnen (S. 141).
Bereits 2004 hatte der Knef-Forscher der faszinierenden Schauspielerin, Sängerin und Autorin eine umfangreiche Biografie gewidmet. Aus Anlass ihres 100. Geburtstags am 28. Dezember 2025 überarbeitete Schröder sein Buch und ergänzte es um bisher nicht ausgewertetes Material aus Knefs Nachlass. Für mich soll’s rote Rosen regnen ist ein auf nur 144 Seiten komprimiertes Porträt der Ausnahmekünstlerin, eindringlich gezeichnet, respektvoll und gut recherchiert. Angenehm unpathetisch porträtiert er ihr zerrissenes Künstlerleben, eine Achterbahnfahrt zwischen glanzvollen Triumphen, Krisen und Abstürzen, Skandalen, Selbstbehauptung und – immer wieder – Neubeginn.
Natürlich ist der Buchtitel eine Hommage auf ihren bekanntesten Song, zugleich spiegelt er ihr Leben zwischen Ruhm und Schmerz, Hoffnung und Niederlagen wider.
Christian Schröder geht in seiner Biografie chronologisch vor: In vier etwa gleich langen Kapiteln beschreibt er klar, nüchtern und gleichwohl feinfühlig den Lebensweg der Ausnahmekünstlerin vom „Trümmermädchen“ bis zur „Legende“. Wobei er geschickt vermeidet, langatmig zu werden, denn er konzentriert sich auf ausgewählte Episoden: ob sie ihre Jugend im zerstörten Berlin betreffen, ihren Aufstieg zum Star des deutschen Nachkriegskinos, den Film Die Sünderin, der einen Skandal provozierte, weil die Schauspielerin einige Sekunden lang nackt zu sehen ist; ihre Hollywood-Jahre und Broadway-Erfolge und ihre späte Karriere als Chansonsängerin und Autorin. Weil der Autor den Weltstar mit Zitaten aus Briefen, Interviews oder ihrer Autobiografie Der geschenkte Gaul aus dem Jahr 1970 immer wieder auch selbst zu Wort kommen lässt, rückt „die Knef“ den Leserinnen und Lesern auch menschlich näher. So schildert sie in einem Brief ihre erste Begegnung mit dem berühmten Produzenten David O. Selznick, den sie 1948 mit ihrem ersten Ehemann Kurt Hirsch in New York besuchte. „Er ist eine unwahrscheinliche Persönlichkeit, und ich hätte mir in die Nase beißen können, dass ich noch nicht Englisch sprach und nur blöd und stumm vor mich hinsehen konnte“ (S. 46). Wir erleben sie authentisch, ehrgeizig, scharfsinnig, lakonisch, verletzlich und emanzipiert. Die Scheidungen von ihren Ehemännern Kurt Hirsch und David Cameron fanden ebenso auf offener Bühne statt wie ihre Krebserkrankung, Drogen- und Finanzprobleme sowie Schönheitsoperationen. Im Gegensatz zu anderen Stars, etwa Marlene Dietrich (1901–1992), ließ Hildegard Knef die Öffentlichkeit daran teilhaben.
Christian Schröder verklärt sie in seinem Porträt nicht, sondern korrigiert durchaus einige ihrer Aussagen, die sich als unzutreffend erwiesen haben. Diese beziehen sich vor allem auf die Zeit zwischen 1933 und 1945. Dass sie etwa drei Monate in Kriegsgefangenschaft verbracht hat, ist überzeichnet. Bei allem Respekt wahrt der Autor die professionelle Distanz. So lässt er keinen Zweifel daran, dass Hildegard Knef kein Stimmwunder war, sondern oft mehr gesprochen als gesungen hat. Ihre Stimme beschreibt er als „rauchige Altstimme, die in höheren Lagen brüchig wird. Rhythmus liegt ihr mehr als Melodie, das Vibrato, das sie gelegentlich einsetzt, kann auch mal verrutschen. Eine markante Stimme, die sich über die Jahre veränderte, zum Schluss immer spröder wurde“ (S. 76). Auch die zahlreichen Zitate von Menschen aus ihrem beruflichen wie privaten Umfeld – ob Komponisten, Arrangeure, Liedtexter, Marlene Dietrich, Henry Miller, Till Brönner oder die Ehemänner David Cameron und Paul von Schell – tragen zu einer differenzierten Sichtweise auf die Diva mit internationaler Strahlkraft bei.
Zahlreiche Fotos aus den verschiedenen Lebensphasen ergänzen die handliche, ansprechend gestaltete Ausgabe und runden das ausgewogene Porträt ab.
Friedegard Hürter
Bonn, 12.05.2025