Mieczyslaw Tomaszewski: Chopin – Ein Leben in Bildern

Tomaszewski, Mieczyslaw: Chopin – Ein Leben in Bildern. – Mainz: Schott, 2009. – 360 S.: zahlr. Ill.
ISBN 978-3-7957-0680-7 : € 49,95 (geb.)

Man könne zehn Bände mit den Gemeinheiten füllen, die Chopin und ihr durch die Einheimischen zugefügt worden seien, resümierte George Sand in ihrem Buch Un hiver à Majorque. Es sind zwar keine Gemeinheiten und auch keine zehn Bände, die die Fülle der vorliegenden Publikation von Tomaszewski ausmachen, dafür aber Hunderte von Gemälden, Stichen, Dokumenten, zeitgenössischen Fotografien, atemberaubenden Landschafts- und Architekturaufnahmen und Notenbeispielen. Der Autor, der in der Reihe Große Komponisten und ihre Zeit des Laaber-Verlages 1999 bereitseine umfassende Monographie zum Komponisten vorgelegt hat und ein ausgewiesener Kenner Chopins ist, sieht in dem zum 160. Todestag am 17. Oktober 2009 und zum 200. Geburtstag am 1. März 2010 erschienenen Bildband eine ganz persönliche Hommage an seinen berühmten Landsmann. 19 Kapitel, lose chronologisch geordnet und aufgebrochen durch thematische Ausflüge, z.B. ins polnische Landleben, zur religiösen Verankerung des Komponisten oder zu seiner Rezeption, machen die ganze Epoche des Künstlers lebendig. Tomaszewski folgt Chopin von seiner Kindheit in der polnischen Provinz nach Warschau, wo er gut die Hälfte seines Lebens verbrachte, in die feinen Salons der Aristokratie, die ihm sein Auskommen sicherten und einen überschaubaren Zuhörerkreis boten. Chopin litt sehr an Lampenfieber, „… ich bin für Konzerte ungeeignet. Mich machen die Leute befangen, … ihre neugierigen Blicke lähmen mich“, schrieb er an Franz Liszt, dem solcherlei Gefühle fremd waren. Es folgen Kapitel über Paris oder Mallorca, wo Chopin und George Sand den bekannt desaströsen Winter verbrachten, und Nohant, den Landsitz der Lebensgefährtin. Dazugibt es jeweils einleitend ausführliche und kenntnisreiche Informationen, die Qualität der Texte und der Abbildungen ergänzen sich in idealer Weise. Der Autor widmet sich in seiner Spurensuche den biographischen Stationen Chopins und beantwortet die Fragen nach dessen künstlerischer und persönlicher Entwicklung anhand seiner familiären, kulturgeschichtlichen und politischen Verortung. Das renommierte Chopin-Institut Warschau, das bei der Erstellung der Publikation federführend war und dessen aktives Mitglied der Autor ist, steht für die Qualität der Informationen und den aktuellen Stand der Forschung, der sich allerdings seit Erscheinen der Monographie vor zehn Jahren nicht wesentlich geändert hat. Was den einmaligen Wert des Buches ausmacht, ist zum einen die Menge des Bildmaterials und zum andern die Qualität der Abbildungen und deren Zusammenstellung in einen Kontext, der ein ganzes Jahrhundert wie einen eigenen Kosmos vor dem Betrachter entstehen läßt. Man kann das Buch auch einfach nur anschauen und genießen. Ein Bildband – ohne etwas schmälern zu wollen – in der besten Tradition der englischen Coffeetable-Books. Nur schade, daß er gar so schwer und großformatig ist! Auf dem Schoß liest es sich etwas unbequem.

Claudia Niebel
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 31 (2010), S. 168ff

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