Hans Joachim Köhler: Robert und Clara Schumann: Ein Lebensbogen

Schumann_Koehler CoverKöhler, Hans Joachim: Robert und Clara Schumann: Ein Lebensbogen. Eine apho­ristische Biographie. – Altenburg: Kamprad, 2006. – 333 S.: Ill., graph. Darst.
ISBN 3-930550-43-1 : € 39,80 (geb.)

Ein Lebensbogen? Das Wort erschließt sich mir ja noch bei einer Biographie, aber: Was ist eine aphoristische Biographie? – Ich schlage im Fremdwörterbuch nach, dort steht: „Aphorismus, … prägnant-geistreich in Prosa formulierter Gedanke, der eine Erfah­rung, Erkenntnis od. Lebensweisheit enthält“. Aha. Wie wird so etwas in einer Doppel­biographie umgesetzt? Dies lässt sich leider auch bei der Lektüre von Köhlers Buch nicht herausfinden. Das Buch unternimmt den „Versuch eines neuen Verständnisses“ (S. 5), das sich „nicht allein auf die Neuordnung der Erkenntnisse“ beschränkt, sondern sich auch in „die Gesichtszüge“ einliest, „neue Lebensspuren“ entdeckt. Ist das gemeint mit der „Erfahrung, Erkenntnis od. Lebensweisheit“? Dass Biographien häufig mehr über den Verfasser eines Werkes als über die beschriebene Person aussagen, ist altbekannt. Dass eine ganz neue Biographie zu zwei Personen, über die in den letzten Jahren sehr viel geschrieben worden ist, aber so altmodisch daherkommt, sich ihren Protagonisten in so betulicher Weise nähert und der Autor offenbar in der heutigen Zeit noch Pro­bleme mit der Syphilis-Erkrankung Robert Schumanns hat – sie könnte den Nimbus des Gefeierten ein wenig schmälern (vgl. S. 296) – ist schade. Dadurch werden auch viele der sonst erwähnten Gedanken, die häufig am Beginn eines Abschnitts mit den beliebten, pädagogisch wertvollen Suggestivfragen eingeleitet werden, nicht erquick­licher. Ich muss gestehen, dass mir das Neue beim Lesen nicht so sehr auffällt wie die geschwollene Sprache des Autors, die Sätze erfindet wie: „Uns muß daran gelegen sein, wie durch ein offenes Portal den Weg in die Ferne zu erfassen als einen, der zwischen Zwangsläufigkeiten und genutzter Freiheit in Mäandern läuft“ (S. 209). Man fühlt Unbehagen bei solchen Sätzen, kann doch dem Autor gleichzeitig eine große Sympa­thie für die Schumanns bescheinigen, die jedoch für eine Biographie nicht zielfüh­rend wirken muss.
Immer wieder das Thema vom (Lebens-)Bogen – wie ein musikalisch wiederkeh­rendes Thema des Autors, der am Ende des Buches bei Schumanns Tod resümiert: „Unter der Gewalt dieser Tragik setzt Clara Schumann das Leben fort … Wo ist je Selbstlosigkeit zu solcher Energie geworden?“ (S. 296)
Eine aphoristische, d. h. prägnant-geistreiche Biographie des Ehepaars Schumanns ist hier nicht geschrieben worden. Wer viele Bilder der Lebensstationen der Schu­manns sucht, der findet sie aber hier, meist vom Autor selbst fotografiert.

Martina Rebmann
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 27 (2006), S.382-384

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