Maija Plissezkaja: Haltung bewahren. Zornige Aufzeichnungen einer Primaballerina Assoluta

Plissezkaja, Maija: Haltung bewahren. Zornige Aufzeichnungen einer Primaballerina Assoluta. / Aus dem Russ. von Bernd Rullkötter. – Mainz: Schott, 2009. – 150 S.: 165 s/w-Abb. (Serie Musik ; 8413)
ISBN 978-3-254-08413-2 : € 17,95 (Pb.)

Maija Plissezkaja (*1925 Moskau) ist eine der großen Balletttänzerinnen Russlands. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Komponisten Rodion Schtschedrin (*1932 Moskau) lebt sie ein ganz der Kunst gewidmetes, spannendes, inhaltsreiches und nach der Öffnung ihres Vaterlandes internationales Leben. Davon berichtete sie bereits in einer ersten Veröffentlichung: Ich Maija. Die Primaballerina des Bolschoi-Theaters erzählt aus ihrem Leben (Bergisch Gladbach, 2006). Die für eine Ballettkünstlerin, die erst mit 71 Jahren ihre letzte öffentliche Vorstellung gab, außergewöhnlich lange Bühnenpräsenz von 60 Jahren führte nun zu dem vorliegenden ergänzenden weiteren Lebensbericht. Sie erzählt hier vielfach zornig über wirklich erstaunliche Vorgänge. Von Neidern verfolgt, in der Presse verunglimpft, erzählt sie u.a. von einer lange sich hinziehenden gerichtlichen Auseinandersetzung um eine angebliche, uneheliche und so gar verstoßene Tochter. Zu Beginn werden die Umstände um den von ihr ins Leben gerufenen Ballettwettbewerb MAYA berichtet, der von Korruption und Ungereimtheiten der besonderen Art begleitet war. Dramatisch wird es, als sie mit nagelneuen italienischen Edelstilettos auf der Straße verunglückt. Für eine Tänzerin jedweder Güteklasse eine absolute Katastrophe, reißt ihr das Kreuzband. Der Weg zur vollkommenen Wiederherstellung wird liebevoll berichtet und gewürdigt. Maija Plissezkaja lässt ihre Leser ausführlich an ihrem interessanten und wechselvollen Leben teilhaben. Unverstellt, ehrlich und auskunftswillig berichtet sie von Inszenierungen, anderen Künstlern, dem wechselseitigen Umgang mit der Presse und Begegnungen mit Prominenten. So stellte das Ehepaar erst im Nachhinein fest, dass sie einen ganzen langen Festabend neben einer sehr freundlichen und wissbegierigen rundlichen Frau gesessen hatten, die niemand Geringere als Königin Beatrix der Niederlande gewesen war. Die vorliegende Veröffentlichung ist interessant für jeden, der mehr über das Leben international agierender Spitzenkünstler wissen möchte, gewürzt mit breit angelegten Hintergrundinformationen und außerdem reich bebildert. Besonders beeindruckend sind dabei die vielen hervorragenden Aufnahmen der Plissezkaja in ihrer Paraderolle als Sterbender Schwan (S. 44 ff), abgeschaut von Schwänen im Moskauer Zoo mit ungezählten und auf bis zu 40.000 Präsentationen geschätzten weltweiten Darbietungen dieser einmaligen Choreographie. Zur aktuellen Situation der Ballettszene sagt sie: „Eine fortlaufende Abfolge abstrakter Bewegungen. Sie sind stets kompliziert und schwer auszuführen, doch sie berühren die Seele nicht im Geringsten.“ (S. 140) „Man muss die Musik tanzen, nicht zur Musik.“ (S. 141) Lesenswert.

Bettina von Seyfried
Zuerst veröffentlicht in FORUM MUSIKBIBLIOTHEK 30 (2009), S. 377f.

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