Mike Wall: AC/DC. Hell ain’t a bad place to be [Michael Stapper]

Wall, Mike: AC/DC. Hell ain’t a bad place to be. Die Bandbiografie / Aus dem Engl.  v. S. Kerkhoffs und B. Gockel. – Hamburg: Edel, 2014. – 528 S.: 21 Abb.
ISBN 978-3-8419-0259-7 : € 24,95 (geb.)

Im Frühjahr 2014 verdichten sich Gerüchte, dass Malcolm Young, Rhythmusgitarrist von AC/DC, schwer erkrankt sei. Die Fans der australischen Hardrock-Formation sind alarmiert: ein Ende der seit vier Jahrzehnten bestehenden Band scheint möglich. Für weniger involvierte Beobachter ist die Nachricht ebenfalls bemerkenswert. Abgesehen von der persönlichen Tragödie ernster gesundheitlicher Probleme ist unklar, warum die Position der Rhythmusgitarre nicht zu ersetzen sei. Schließlich hat AC/DC bereits den tragischen Tod des charismatischen Sängers Bon Scott verkraftet. Weiterhin bleibt rätselhaft, warum über die genauen Umstände der Erkrankung im plappernden Popbusiness so wenig bekannt ist. Zu beiden Themen gibt die Biografie des renommierten britischen Autors Mike Wall erschöpfend Auskunft. In erster Linie aber hat Wall einen hervorragend recherchierten und sehr ausführlichen Blick auf die Karriere der Young-Brüder geworfen.
Leicht hat Wall es dabei nicht gehabt. Informationen aus erster Hand standen nicht zur Verfügung, wie er zerknirscht berichtet. So extrovertiert sich die Musiker auf der Bühne geben, so zurückhaltend sind sie in ihrer Kommunikation mit der Außenwelt. Interviews sind rar, Anfragen bleiben unbeantwortet. Die Eingangsfrage nach der dürftigen Informationslage kann mit dieser Strategie hinreichend erklärt werden. Mike Wall musste notgedrungen auf Interviews aus dem Band-Umfeld und auf sein immenses, seit den 1970er Jahren angehäuftes Fachwissen zurückgreifen. Und wie steht es um die Bedeutung des Rhythmusgitarristen? Auf der Bühne liefern sich Angus Young, Leadgitarrist in Schuluniform, und die Sänger Bon Scott bzw. Brian Johnson denkwürdige musikalische Duelle. Der Rest agiert im Hintergrund. Doch im Bandgefüge ist es Malcolm Young, der alle Zügel in der Hand hält. Er ist der Gründer, er entscheidet bei allen personellen und stilistischen Fragen. Ohne ihn, das wird klar, könnte AC/DC nicht existieren.
Mike Wall porträtiert überzeugend und skizziert im ersten Teil des Buches geschickt drei Entwicklungsstränge, aus denen AC/DC entstehen: Die Karriere des älteren Young-Bruders George bei den Easybeats, die musikalischen Versuche von Malcolm und Angus sowie den Werdegang von Bon Scott. Wall betreibt dies mit einer solchen Akribie, dass der Leser auch nach über 100 Seiten noch immer nicht bei der klassischen Originalbesetzung angelangt ist. Dies mag man als langatmig bezeichnen, auch weil sich Berichte über Scotts Alkoholproblem oder die ausgeprägte Clan-Mentalität der Youngs wiederholen. Doch ist die Beschreibung des Selbstfindungsprozesses mit all den Details der organisatorischen und wirtschaftlichen Abläufe sowie der nachfolgende Weg zur Supergruppe ein wertvolles Stück Rockgeschichte. Ein weiterer Pluspunkt ist die kritische Distanz des Autors zu seinem Sujet. Er mag die Band und ihren Powerrock. Sakrosankt sind sie deswegen noch lange nicht.

Michael Stapper
München, 12.07.2014

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