Carl Philipp Emanuel Bach. Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke. Teil 2: Vokalwerke. (BR-CPEB) [Ingeborg Allihn]

Carl Philipp Emanuel Bach. Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke. Teil 2: Vokalwerke (BR-CPEB) /Bearb. von Wolfram Enßlin u. Uwe Wolf unter Mitarb. von Christine Blanken, mit einem Vorw. von Christoph Wolff. – Stuttgart: Carus, 2014. – 1.150 S., Notenincipits, Tab. (Bach-Repertorium. Werkverzeichnisse zur Musikerfamilie Bach ; III.2)
ISBN 978-3-89948-209-6 : € 199,00 (geb.)

Eindrucksvoller hätte der 300. Geburtstag von Johann Sebastian Bachs zweitgeborenem Sohn Carl Philipp Emanuel am 8. März dieses Jahres nicht begangen werden können als mit dem genau zu diesem Zeitpunkt erschienenem Verzeichnis seiner Vokalwerke. Eine grandiose Leistung der beiden Bearbeiter und ihrer Mitstreiterin! Wer fortan Informationen zu Bachs Vokalwerken sucht, hier findet er sie in einem so bisher nicht gekanntem Umfang. Es handelt sich um den ersten Band eines thematisch-systematischen Werkverzeichnisses, dem zwei weitere Bände: Instrumentalwerke und Notenbibliothek folgen werden. Seit der Bach-Forscher Christoph Wolff im Sommer 1999 das verschollen geglaubte Archiv der Sing-Akademie zu Berlin in Kiew wiederentdeckt hatte, bekamen CPEBachs Vokalwerke auf einmal greifbare Konturen. Denn zum Kernstück des Archivs gehört ein umfangreicher Bestand seiner Werke, insbesondere seiner Vokalwerke. Als das Archiv dann 2001 nach Berlin zurückgeführt werden konnte, begann eine intensive wissenschaftliche Arbeit mit den nun wieder greifbaren Quellen. Eines der absolut beeindruckenden Ergebnisse ist das vorliegende Werkverzeichnis. Es entstand in Verbindung mit dem Forschungsprojekt Bach-Repertorium (BR) der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, herausgegeben vom Bach-Archiv Leipzig sowie mit finanzieller Unterstützung des Packard Humanities Institute (PHI) in Los Altos (Kalifornien) und des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst, Dresden. Eine Zusammenarbeit bestand zudem mit den Mitarbeitern der Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Gesamtausgabe (CPEB:CW) in Cambridge/MA (USA). Das Resultat ist nicht nur ein solides Werkverzeichnis, sondern auch ein umfangreiches, wissenschaftlich akribisch erarbeitetes Nachschlagewerk zum Bachschen Vokalschaffen. Zum überhaupt ersten Mal werden sämtliche nachweisbaren Vokalwerke Bachs systematisch aufgearbeitet und ausführlich beschrieben!
In einer Einführung umreißen die Bearbeiter Enßlin und Wolf kurz die Schaffensphasen, in denen Carl Philipp Emanuel Bach Vokalmusik komponierte: möglicherweise bereits in Leipzig; in Frankfurt/Oder dann Gelegenheitswerke; in Berlin u.a. das Magnificat und in Hamburg, wo er als Kantor und Musikdirektor tätig war, den Hauptanteil seines Vokalschaffens, u. a. Kantaten, Quartalsmusiken, Passionen und Pasticci, „eine Kombination aus fremden oder auch aus eigenen und fremden Werken“. Um dieses „breite Spektrum an kreativem Umgang mit fremdem Material wenigstens ansatzweise zu klassifizieren“, wurde dem „Verzeichnis ein weitgefasster ‚Werkbegriff’ zugrunde gelegt“ […]. S. 8) Nach den notwendigen Benutzungshinweisen (Nummerierung der Werke, Konkordanzen mit den bisherigen Werknummern nach Wotquenne und Helm usw.) stehen folgende fünf Werkgruppen im Mittelpunkt: Oratorien und Passionen; Liturgische Kirchenmusik; Kirchenkantaten und geistliche Gelegenheitswerke; Weltliche Arien, Kantaten, Chöre; Lieder, Motetten, Choräle. Innerhalb dieser Gruppen sind die jeweiligen Werke chronologisch angeordnet; die Kantaten dagegen werden benutzerfreundlich in alphabetischer Abfolge behandelt. Am Ende der jeweiligen Gruppen findet man unter der Überschrift Incerta Werke, die nur unter Vorbehalt CPEBach zugeschrieben werden können. Direkte Fehlzuschreibungen werden erst im noch nicht erschienenen Band Notenbibliothek behandelt.
Die einzelnen Werke, die mit umfangreichen Notenincipits dokumentiert sind, werden unter folgenden Gesichtspunkten beschrieben: Werküberschrift; Besetzung; Satzfolge; Werkgeschichte (Entstehungs- und Aufführungsgeschichte, Aufführungsdaten und –orte, Drucke, Hinweise auf Wiederverwertung in anderen Kompositionen usw.); Text (mit Quellenangabe); Quellen (Original- und Sekundärquellen; in der Datenbank www.bachdigital.de findet man eine ausführliche Quellenbeschreibung, Besitzervermerk, Fundorte, Formate, Wasserzeichen usw.); Libretti, die zur Aufführung der Vokalwerke bis 1850 verwendet wurden; Vorlagen und Vergleichsquellen; Nachweise (u.a. Wotquenne, Helm, Nachlassverzeichnis von 1790, Auktionskataloge); Ausgaben; Dokumente (Briefe und Dokumente); Literatur.
Der Anhang zur den fünf Werkgruppen ist mehrgliedrig. Er enthält ein Verzeichnis der Abkürzungen einschließlich der Bibliotheken nach RISM-Siglen; ferner bibliographische Nachweise; eine Auflistung der Ausgaben, Gesangbücher, hymnologischen Nachschlagswerke. Minutiös werden die Quellen nach ihrem Umfang, nach Schreibern, der Provenienz u.a. aufgelistet. Es gibt eine Tabelle der Konkordanzen zwischen Wq – BR – CPEB:CW – H – anderen Verzeichnissen. Zum Schluss folgen umfangreiche Register von 1. Kirchenliedmelodien (von Textincipits bis zu nachgewiesenen Vorlagen); 2. Mehrfach verwendeten Choralsätze; 3. Daten der Erst- und Wiederaufführungen unter CEPBachs Leitung; 4. Werktitel und Satzanfänge; 5. Vorlagen; 6. Verwendete Fremdkompositionen (z. B. von Georg Anton Benda, Gottfried August Homilius, Georg Philipp Telemann u.a.); 7. Schreiber; 8. Namen.
Gründlicher kann ein Werkverzeichnis nicht sein!

Ingeborg Allihn
Berlin, 29.06.2014

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