Hanspeter Renggli: Die Richard-Wagner-Sammlung der Zentralbibliothek der Universitätsbibliothek Bern [Georg Günther]

Renggli, Hanspeter: Die Richard-Wagner-Sammlung der Zentralbibliothek der Universitätsbibliothek Bern. Ein kommentierter Bibliothekskatalog mit unveröffentlichten Briefen von Wagner und Liszt. – Frankfurt am Main: Lang, 2013 (Berner Veröffentlichungen zur Musikforschung ; 3). – 328 S.: 11 Abb.
ISBN 978-3-0343-0350-7 : € 83,80 (brosch.)

Die publizistische Ausbeute des Wagner-Gedenkjahres 2013 ist erstaunlich dürftig geblieben und muss letztlich als eine Blamage für die Wissenschaft bewertet werden, hat es doch weder hitzige Diskussionen über neue Thesen zu Person und Werk noch eine begeisterte Zustimmung zu einer grandiosen Gesamt- oder Teildarstellung gegeben. Aufgrund seines Genres wird auch das vorliegende Bestandsverzeichnis sicherlich kein spektakulärer Bestseller werden, aber grundsätzlich stellen solche Veröffentlichungen unverzichtbare Hilfsmittel für die Forschung dar. Gedruckte Bibliographien haben gegenüber den Datenbanken nämlich einen Vorteil, der im Computerzeitalter verloren gegangen ist: Es ist das „intuitive Stöbern“, das häufig zu Zufallsfunden führt, während das exakte Recherchieren mittels eines Suchbegriffs nur Treffer oder Misserfolg kennt. Dennoch ist es zu bezweifeln, dass Rengglis Buch in der Wissenschaft zum Standardnachschlagewerk wird, obwohl ihm mit rund 2.500 gedruckten Titeln und 500 handschriftlichen Dokumenten einschließlich Bildern von Aufführungen sowie anderer Sonderbestände ein reichhaltiges Material zugrunde liegt. Der wirkungsgeschichtlich sehr interessante Essay von rund vierzig Seiten dokumentiert zunächst, dass private Nachlässe den Grundstock der Sammlung bilden, die durch Neuerwerbungen regelmäßig ergänzt worden ist. Der Berichtszeitraum des Katalogs reicht indessen nur bis 2003, und im Vorwort wird außerdem eingeräumt, dass man sich über den (obendrein aktuelleren) Bestand ebenso gut Online informieren kann. Das Verzeichnis ist sinnvoll und übersichtlich nach der Beschaffenheit der Objekte gegliedert (jeweils mit Signaturen). In einem ersten Abschnitt sind die Primärquellen zusammengefasst (also Wagners musikalisches und schriftstellerisches Schaffen sowie Briefausgaben), worauf als umfangreichster Teil die Sekundärliteratur in ihrer ganzen Bandbreite folgt (darunter auch Kalender, spezielle Zeugnisse über Bayreuth, Plakate, Theaterzettel oder Tonträger); den letzten Teil bilden die handschriftlichen Dokumente, unter denen sich neben einigen Autografen Wagners noch ein größerer Briefbestand aus dem Umfeld befindet (darunter Schreiben des Wagner-Clans oder von Carl Friedrich Glasenapp und Angelo Neumann), der aber ohne jeden inhaltlichen Hinweis aufgelistet wird. Leider werden die im Untertitel gemachten Versprechen auch sonst nicht eingelöst, denn die Bibliographie ist eben nicht kommentiert – das wäre wegen des größeren Umfangs wohl auch kaum finanzierbar gewesen. Und die suggerierte Erstveröffentlichung von Briefen Wagners erweist sich als Euphemismus: Von den dortigen elf Schreiben bleibt nur eines übrig, welches absehbar durch den entsprechenden Band der Gesamtausgabe seinen Ausnahmecharakter zudem verlieren wird. Bei allem Respekt für die akribische Bibliografie und der damit verbundenen Arbeit kann eine Begeisterung nicht so recht entstehen.

Georg Günther
Stuttgart, 05.03.2014

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