Ernst Burger: Robert Schumann. Eine Lebenschronik in Bildern und Dokumenten

Ernst Burger: Robert Schumann. Eine Lebenschronik in Bildern und Dokumenten / Unter Mitarbeit von Gerd Nauhaus und mit Unterstützung des Robert-Schumann-Hauses Zwickau. – Mainz: Schott, 1999. – 355 S.: 626 Abb.
ISBN 3-7957-0343-3 : DM 198,00
[Jetzt als Robert Schumann - Neue Ausgabe sämtlicher Werke Serie VIII Supplemente ;  1
ISBN  978-3-7957-0344-8 : € 112,00]

Nachdem Ernst Burger in gleicher opulenter Ausstattung preisgekrönte Lebenschroniken über Franz Liszt (München: List, 1986; 346 S.: 650 Abb.; vergriffen) und Frédéric Chopin (München: Hirmer, 1990; 358 S.: 766 Abb.; DM 198,00) veröffentlicht hat, folgt nun mit derjenigen über Robert Schumann ein weiteres Opus magnum, in dem ein Musiker des 19. Jahrhunderts gewürdigt wird, dessen Schaffen aufs engste mit dem Klavier verbunden ist. Im fraglichen Zeitraum gibt es nun keine vergleichbare Persönlichkeit mehr, und somit dürfte das vorliegende Buch bedauerlicherweise zugleich das letzte einer Trilogie darstellen.
Ebenso wie in den beiden Vorgängerbänden beeindruckt zunächst die Fülle der in der Regel farbigen Abbildungen (105 Erstveröffentlichungen), die nicht nur von höchster reproduktionstechnischer Qualität sind, sondern aufgrund der Buchabmessungen von 31,5×28 cm auch selbst häufig eine erfreuliche Formatgröße aufweisen. Dennoch erklärt Burger im Vorwort dieses Bandes sein ”Unbehagen, wenn man meine Bücher als ‘Bildbände’ qualifiziert: die Bilddokumente zu sammeln und sinnvoll anzuordnen betrachte ich als den geringeren Teil meiner Arbeit.” Eine Reduktion seiner Tätigkeit allein auf das Horten möglichst vieler optischer Leckerbissen wäre auch tatsächlich zu kurz gegriffen. Neben den umfangreichen Bildkommentaren, in denen nicht nur musikhistorische Details, sondern auch noch zahlreiche Informationen zur Darstellung selbst vermittelt werden, sind außerdem essayistische Abschnitte eingefügt, in denen der Autor Schumanns Beziehungen zu seinen Zeitgenossen untersucht (Schubert, Chopin, Mendelssohn, Liszt, Wagner), einzelne Werke bzw. Werkgruppen kurz vorstellt (z. B. Kinderszenen und Kreisleriana, Schumann als Liedkomponist und Zu Schumanns Symphonien) und weitere Facetten seiner Persönlichkeit knapp beleuchtet (Schumann und die Literatur, … als Pianist und … Musikschriftsteller oder Schumanns Fingerlähmung u.v.a.m.). Unverständlicherweise sind diese Themen über ein Inhaltsverzeichnis jedoch nicht zugänglich.
Burger gliederte Schumanns Lebenslauf und also auch sein Buch in vier Abschnitte, in denen – nach einer naheliegenden Zusammenfassung der Kinderzeit (1810– 1817) – Jahr für Jahr auf jeweils bis zu fast zwanzig Seiten vorgestellt wird. Den Auftakt bilden immer zwei aufgeschlagene Seiten, an deren Seitenrändern die Rubriken Leben (links) und Werke (rechts) einen kompakten Überblick verschaffen; erstere besteht aus einem Kalendarium, die andere aus einem knapp kommentierten Verzeichnis der im betreffenden Zeitraum komponierten Werke. Dann folgen dazugehörende Porträts, zeitgenössische Landschafts- und Städtebilder, Faksimiles von handschriftlichen und gedruckten Noten; diese Abbildungen besitzen fast schon die Aura der Originale, weil im vorliegenden Band nicht versucht worden ist, alle alterungsbedingte Spuren (Kratzer, Flecken, Verfärbungen und weitere “Fehler”) durch entsprechende Retuschen zu beseitigen – sie wurden vielmehr “wahrheitsgetreu” dokumentiert (bereits auf dem Schutzumschlag befindet sich ein berühmtes Schumann-Foto mit dem originalen schadhaften Rahmen der Zeit und den Zersetzungen des Fotopapiers). Ergänzt werden diese optischen Dokumente durch längere Tagebuch- und Briefzitate oder durch andere zeitgenössische Schriften (oft auch als Faksimile).
Ein Personenverzeichnis und ein systematisch gegliedertes Register zu Schumanns Werken bilden den Abschluß und erlauben eine schnelle Recherche; wenn man ersteres noch mit den Lebensdaten und einer Kurzcharakteristik ergänzt hätte, wären allerdings bereits hier kompakte Informationen sinnvoll vereinigt worden. Auch die Werke anderer Komponisten sind leider nicht einzeln nachgewiesen.
Die gelungene Zusammenführung von Abbildungen aller Art, Quellentexten und Kommentaren bietet dem Betrachter nicht nur einen intellektuellen Genuß; der vorliegende Band ermöglicht auch einen Zugang zur Lebenswelt Schumanns über das Gefühl, und gerade hier liegt der besondere Wert des Buches. Nicht nur Autor und Verlag mit allen Beteiligten sind zu dem Ergebnis zu beglückwünschen, sondern jeder Besitzer eines Exemplars ist auch zu beneiden. Für die Bibliotheken stellt sich weniger die Frage des Erwerbs – der scheint (trotz des stattlichen aber angemessenen Preises) selbst für kleinere Institutionen fast unumgänglich zu sein; vielmehr muß man sich dort mit dem Problem auseinandersetzen, ob der teure Band sicherheitshalber nur in den Präsenzbestand eingereiht werden soll, um ihn so durch einen „schützenden Blick“ dem Benutzer möglichst lange in Bestzustand zu erhalten.

Georg Günther
Zuerst veröffentlicht in FM 1999

 

 

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