Musik 2.0 – Die Rolle der Medien in der musikalischen Rezeption in Geschichte und Gegenwart [Michael Stapper]

Musik 2.0 – Die Rolle der Medien in der musikalischen Rezeption in Geschichte und Gegenwart. Beiträge zum 24. internationalen studentischen Symposium der DVSM in Detmold 2011/ Hrsg. von Marleen Hoffmann [u.a.] – München: Allitera, 2012. – 184 S. (Beiträge zur Kulturgeschichte der Musik ; 5)
ISBN 978-3-86906-307-2 : € 24,00 (Pb.)

Unter der sperrigen Bezeichnung „Dachverband der Studierenden der Musikwissenschaften“, die sich abgekürzt als „DVSM“ auch nicht flüssiger liest, treffen sich seit den 1980er Jahren angehende Musikologen, um das mitunter als angestaubt geltende Fach aufzupolieren. Dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Symposien diesen Auftrag ernst nehmen und den fachlichen Diskurs zu bereichern in der Lage sind, zeigen die im Anschluss entstehenden Publikationen. 2011 kam man in Detmold zusammen, um sich – ganz auf der Höhe der Zeit – dem Thema „Musik 2.0“ zu widmen. Die Ergebnisse liegen in einem Sammelband aus dem Münchner Allitera-Verlag seit einigen Monaten vor.
Das Suffix „2.0“ im Titel kann man durchaus als Konzession an den Zeitgeist verstehen. Denn die Organisatoren der Tagung beschränkten sich bei der Frage, welche Rolle die Medien in der musikalischen Rezeption einnehmen, nicht auf die so genannten neuen Medien. Schließlich gab es zu allen Zeiten Möglichkeiten der Produktion und Distribution von Musik, die zum jeweiligen Stichtag neu und revolutionär war. Verbesserungen im Buch- und Notendruck stehen damit in direkter Verbindung zur Klangspeicherung auf Schallplatten und den sozialen Netzwerken der heutigen Zeit. So wirkt die thematische Bandbreite, mag man sie zunächst überrascht zur Kenntnis nehmen, sehr schnell bereichernd. Nils Grosch und Astrid Kerstin Dröse etwa blicken einige Jahrhunderte zurück, um die Auswirkungen neuartiger Drucktechniken auf das Liedschaffen oder die bereits damals bestehende Urheberrechtsproblematik zu untersuchen. Florian Mayer und Elisabeth Treydte dagegen betrachten die Wechselwirkungen zwischen Medium und Musik über eine Sekundärquelle, wenn sie anhand der Hauszeitschrift der Deutschen Grammophon AG die rezeptionsgeschichtliche Seite thematisieren. Und so geht es weiter bis in die Jetztzeit: Von Joachims Iffland bemerkenswerten Vortrag über die Repertoirefindung bei den Comedian Harmonists über Shelina Browns These zur existenzgründenden Funktion von Fanzines beim Riot Grrrl Punk bis zu Yvonne Stingel-Voigts Analyse von Musik in Computerspielen und weiteren Aufsätzen.
Nicht alle Beiträge überzeugen argumentativ, methodisch und stilistisch gleichermaßen. Dieser Anspruch wäre jedoch auch vermessen bei einem auf einem studentischen Symposium beruhenden Sammelband. In seiner Gesamtheit jedoch überzeugt die Publikation und sie ist ein weiterer Beleg dafür, wie gewinnbringend die kontinuierliche und immer wieder neue Beschäftigung mit den technischen Entwicklungen unserer Zeit ist.

Michael Stapper
München, 31.07.2013

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